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Dausenau | 4. April 2025 | (ww). Es gibt sie noch – die löblichen Ausnahmen. Landauf, landab erfordern Baustellen jahrelange Planung und oft genausolange Zeit für die Umsetzung. Die neue Dausenauer Bahnhofsbrücke dürfte allerdings als die schnellst umgesetzte Brückenbaustelle im weiten Umkreis in die Geschichte eingehen. Klar, erste Planungen gehen schon einige Jährchen zurück, die aktuelle Umsetzung hatte aber ein sehr „sportliches“, extrem enges Zeitfenster und einen „fliegenden Start“. Dafür ist der wichtigste Teil der Arbeiten nun sogar noch drei Tage vor dem „Spitz auf Knopf“ geplanten Termin fertiggestellt.
Doch am besten beginnen wir ganz vorne. Ein Ortsteil von Dausenau ist über die Bahnhofsbrücke, die über die Lahntal-Bahnstrecke führt, mit dem Rest der Welt verbunden. Die alte Bahnhofsbrücke ist allerdings deutlich in die Jahre gekommen und musste ersetzt werden. Ein großes Projekt für die kleine Gemeinde Dausenau, fachlich, aber auch mit Blick auf den Haushalt gesehen. Ein großes Problem für den Brückenneubau – die Abstimmung mit der Bahn. Von vornherein war klar: der Überbau und die Arbeiten direkt neben dem Gleis werden nur unter Vollsperrung der Bahnstrecke laufen können, teilweise auch in den nächtlichen Fahrpausen erledigt werden müssen. Eine Sperrung der Strecke erfordert aber auf Bahnseite oft jahrelange Vorplanung und verursacht nicht zuletzt durch den dann nötigen Ersatzverkehr enorme zusätzliche Kosten. Da das Projekt aber eine gemeindeeigene Straße betrifft, bliebe ein Großteil der Kosten – trotz Förderung -auch an der Gemeinde hängen, neben den sowieso schon durch den Bau entstehenden Kosten.
Im Laufe des vergangenen Frühsommers verdichteten sich jedoch Gerüchte um die bis dahin durch die Bahn unbestätigten Planungen einer Vollsperrung der Lahntalstrecke von Ende November 2024 bis April 2025 zwischen Nassau und Niederlahnstein aufgrund von Baustellen in Nassau und Bad Ems. Durch ein Telefonat mit 56aktuell erfuhr Ortsbürgermeisterin Michelle Wittler vom (damals) immernoch offiziell unbestätigten Zeitplan der Bahn. Nun begann in Dausenau ein schon als beispielhaft zu bezeichnender Prozess. In Rekordzeit brachte die Gemeinde das Projekt zur „Baureife“. Das ehrgeizige Ziel: das Rammen der Spundwände und den (Roh-)Überbau bis zum ursprünglich geplanten Sperrungsende am 3. April – also gestern – zu erledigen.
Was sich dann fand, war eine extrem glückliche Konstellation. Eine Ortsbürgermeisterin, die sich das Projekt zur Herzensangelegenheit machte, ein (ehrenamtliches) Gemeinderatsmitglied mit Erfahrung als Ingenieur für Brückenbau, die „Aktemächer-Gang“ als ehrenamtliche Handwerkstruppe von Dausenau, das flotte Planungsbüro Cox-Consult und eine glückliche Hand bei Ausschreibung und Beauftragung der Baufirmen, Fritz Meyer GmbH aus Altenkirchen und Straßen & Tiefbau Koch aus Westerburg als Arbeitsgemeinschaft. Die beiden Unternehmen haben sich in der Region als zuverlässige Partner einen Namen gemacht, und sind auch aktuell mit weiteren Großprojekten in der Region beschäftigt. Die Fritz Meyer GmbH zum Beispiel beim Neubau der Pfaffendorfer Brücke, die Firma Koch zum Beispiel bei der aufwändigen Sanierung der Bundestraßen 260 und 255. „Eine glückliche Fügung war aber auch die konjunkturelle Situation Ende des vergangenen Jahres“, ergänzt Roland Henkel, Projektleiter bei Fritz Meyer. „Mit der Firma Feickert aus Weilburg haben wir glücklicherweise einen Partner für das Liefern und Rammen der Spundwände gefunden, der quasi sofort beginnen konnte und auch noch Material hatte. Das dauert in der Regel mindestens ein halbes Jahr“, so Henkel. Dann wäre das (geplante) Zeitfenster schon wieder geschlossen gewesen. Aber Koch ergänzt auch: „Aber einen Bauherrn wie die Ortsgemeinde Dausenau mit der Bürgermeisterin Michelle Wittler haben wir auch noch nicht erlebt. Hier hat einfach alles zusammengepasst, die Unterstützung war toll“, gibt es das Lob bescheiden weiter.
Ähnlich bescheiden verhält sich auch Ortschefin: „Hier haben alle zusammengearbeitet. Wir haben praktisch vom 3. April rückwärts gerechnet und mit Unterstützung von Andreas Kaufmann, dem Brückenbauingenieur im Gemeinderat und durch das Baumt der VG in Person von Rainer Fuchs sowie das Planungsbüro Cox Consult einen eng getakteten Zeitpan entwickelt. Aber eigentlich hat uns jeder gesagt: das wird nichts“, so Michelle Wittler. Doch es wurde. Am 1. April (kein Scherz) wurden die „schwersten Herausforderungen“ eingehoben – vier 21 bis 28 Tonnen schwere Brücken-Fertigelemente die den Unterbau für die noch zu gießende Betonüberführung bilden. Michelle Wittler blickt beim Richtfest heute lachend zurück: „Dass ich als Bürgermeisterin mal eine Brücke bauen würde, hätte ich nie gedacht. Bisher wusste ich eher nicht, was das gute und was das schlechte Ende am Hammer ist“. Ihr ausdrücklicher Dank ging auch nochmals an das ganze Team der ARGE Meyer / Koch: „Bei euch habe ich mich immer willkommen gefühlt“, so Wittler.
Jetzt wird die mittlerweile verlängerte Sperrpause der Bahn genutzt, um möglichst viele der Arbeiten, die für die nächtlichen Fahrpausen nach dem 3. April vorgesehen waren, ohne Nachtarbeiten zu erledigen. Derzeit sieht es so aus, als wäre die für Pendler und Schüler nervige Sperrungsverlängerung bis aktuell 12. Mai für die neue Dausenauer Bahnhofsbrücke ein Glücksfall. Im August sollen alle Arbeiten abgeschlossen sein.
Heute wurde Richtfest gefeiert – der Rohbau steht.
Ortsbürgermeisterin Michelle Wittler