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Bad Ems: halber Baum kracht auf Fußweg am Quellenturm

Sturm spaltet kranke Linde am Quellenturm – hunderte Kilo schwere Äste stürzen mitten in der Nacht herab – Schäden schon lange erkennbar – Zuständigkeit verworren

Bad Ems | 5. Januar 2021| (ww). Der Sturm am Sonntagabend und in der Nacht zum Montag, 3. Januar, hat eine offensichtlich kranke Linde am Quellenturm gespalten. Zwei mehr als zehn Meter lange und mehrere Zentner schwere Äste – eigentlich mit Stammdurchmesser, aber eben nur Teile des über hundert Jahre alten Baumes – stürzten auf den gepflasterten Verbindungsweg zwischen Wilhelmsallee und der Straße „Am Quellenturm“. Der Weg mit der Bahnunterführung am Quellenturm wird auch gerne als Verbindung zur Villenpromenade genutzt. Wohl der frühen Uhrzeit – gegen 2 Uhr am frühen Montag wurde der Bauhof der Stadt Bad Ems informiert – ist es hauptsächlich zu verdanken, dass bei dem Ereignis niemand verletzt wurde. Nun liegen die massiven Teile des Baumes seit Tagen auf der gepflasterten Fläche, die einst der Vorplatz des Kurmittelhauses war, und guter Rat ist im wahrsten Sinne des Wortes teuer – zumindest wenn man Telefongebühren noch nach Minuten bezahlen müsste. Denn: die Geschichte der meisten vom Sturm gefällten Bäume wäre schnell erzählt – diese hier braucht ein wenig ihrer geschätzten Zeit und Aufmerksamkeit.

Wem gehört der Baum? Wer ist zuständig?

Die meisten imposanten Bäume im Stadtgebiet stehen auf dem Gelände der Staatsbad Bad Ems GmbH, danach folgt die Stadt Bad Ems als Eigentümer, natürlich gibt es auch einzelne private Eigentümer. Eben diese Linde am Quellenturm, bei der sich nach der Spaltung durch den Sturm die gefährliche Aushöhlung durch den Pilzbefall deutlich erkennen lässt, und maximal noch eine Handvoll andere, gehören dem Statistischen Landesamt. Das war zumindest die Antwort, die von Seiten des Staatsbades zu hören war. Diesem galt natürlich der erste Anruf von 56aktuell, lag doch die Staatsbad Bad Ems GmbH als Eigentümer des seit Monaten wegen Baufälligkeit abgesperrten Quellenturm-Areals „auf der Hand“. Doch die Erklärung war schlüssig: jahrelang hatte sich die Staatsbad-Kurgärtnerei mit um die Linden am Quellenturm gekümmert – bis nach dem Verkauf des ehemaligen Kurmittelhauses an das Statistische Landesamt eine nachträgliche Vermessung ergeben habe, dass besagter Baum den Statistikern zuzuordnen sei.

Also galt der zweite Anruf der Pressestelle des Statistischen Landesamtes in Bad Ems. „Was für ein Baum?“ und „Das habe ich noch gar nicht gesehen“ waren die ersten Äußerungen, nach mehrmaligem Verbinden informierte dann der Leiter der Pressestelle, dass „dem Statistischen“, wie die Bad Emser gerne sagen, grundsätzlich „gar nichts“ gehöre. Man sei auch nur Mieter im Objekt. Zuständig sei der Landesbetrieb Liegenschafts- und Baubetreuung (LBB) in Mainz. Aha.

Noch vor wenigen Jahren hätte jeder halbwegs informierte Kurstädter beim Anblick der gefallenen Linde gewusst, dass da unzweifelhaft das Land Rheinland-Pfalz in der Verantwortung wäre. Das ist im Prinzip auch heute noch so – jedoch machen die wirtschaftlich eigenverantwortlichen, aber trotzdem aus Landes-Steuermitteln finanzierten Einrichtungen, die Recherche eben etwas komplizierter. Doch weiter im Takt.

Das Ergebnis des nächsten Telefonats: vorbehaltlich der Prüfung wird nur rund einen halben Tag nach Recherchebeginn bestätigt, dass der gefallene Baum Eigentum des LBB sein könnte. Man habe von einem potenziellen Schadensereignis allerdings noch nichts vernommen. Lobenswerterweise erkundigt sich aber schon der Mitarbeiter am Empfang, ob jemand verletzt worden sei. Nach der Verneinung und der Vermittlung zur dortigen Pressestelle und zufälligerweise einer Ex-Kollegin kommt Schwung in die Sache. Nun wird auf dem Dienstweg geklärt ob der Baum dem LBB tatsächlich gehört, was damit passiert und was das für benachbarte Bäume, so denn auch diese überhaupt „LBB-Bäume“ seien, bedeutet. Dass der Baum schon bei der Übertragung vom einen an den anderen Landesbetrieb als potenziell schadhaft bewertet wurde und wer denn für die Begutachtung zuständig sei, müsse erst die Fachabteilung klären. Bislang ist das Ergebnis offen, die Fläche abgesperrt. Das fällt aber sogar in der Kurstadt nicht weiter auf, da ja auch das Nachbargelände der anderen Landes“tochter“ seit Monaten von Bauzäunen umgeben ist.

Warum kündigt sich so ein massiver Schaden nicht im Vorfeld an?

Das tut er in den meisten Fällen. Staatsbad Bäume zum Beispiel werden in regelmäßigen, sehr kurzen Maßstäben in Augenschein genommen. Gibt es Grund zum Zweifel, holt sich die Kurgärtnerei noch fachkundigere Unterstützung. Dass mit solchen Schäden durch Pilzbefall und Ähnliches nicht zu spaßen ist, zeigte leider ein Vorfall in Trier im Jahre 2012, als eine morsche Kastanie in ein Menschengruppe stürzt: eine Frau starb, ein Mann wurde schwer verletzt. Nicht nur deswegen wird im Kurpark und auf Staatsbad-Gelände ganz genau hingeschaut. Das hat ja zum Beispiel noch kurz vor Weihnachten zur Fällung zweier Silberahorn-Bäume an der katholischen Kirche geführt. „Ein Gutachten hatte uns leider keine andere Wahl gelassen“, erklärte Bernd Plenz, Chef der Kurgärtner. Er selbst, aber auch die anderen Mitarbeiter, haben „ihre Bäume“ aber auch außerhalb aller terminlichen Fälligkeiten genau im Blick. „Wir schauen halt genau hin. Und bei jeder Veränderung noch genauer“, erklärt Plenz.

Die gefallene Linde am Quellenturm hat eine angenagelte Baumnummer. Das heißt, sie ist im Kataster erfasst und muss – durch wen auch immer – regelmäßig begutachtet werden. Einen Vertrag zur (weiteren) Pflege der Bäume am Quellenturm durch die erfahrenen Staatsbad-Mitarbeiter nach der Besitzüberschreibung wurde nach 56aktuell-Informationen jedoch damals abgelehnt. Auffallend ist aber, dass es in der nun abgebrochenen Linde schon Seilverspannungen zur Stabilisierung gab. Vom LBB heißt es dazu sinngemäß solche Verspannungen seien generell „Mittel der Baumpflege und-erhaltung“. Die Fragen nach Katasternummer, Beauftragtem für Überprüfung und Begutachtungsintervall sowie Ergebnissen daraus würde die Fachabteilung – nach Prüfung der Zuständigkeit – schriftlich mitteilen.

Drei alte Bäume in drei Wochen: werden die Bäume, die den Charakter der Kurstadt ausmachen, so langsam zur Gefahr?

Wenn man sich drum kümmert – Nein! Zumindest nach menschlichem Ermessen nicht. Allerdings gilt auch hier der alte Grundsatz „Eigentum verpflichtet!“ Und da bringt es nun mal auch nichts, wenn man Erfahrung vor Ort (und Hingabe zum Beruf) durch neue benannte Institutionen und Nummern ersetzt. Lediglich eine eng gefasste Begutachtung durch Fachleute, aber vor allem das Bewusstsein für die Verantwortung können für die Sicherheit garantieren – auch wenn es statistisch gesehen ziemlich unwahrscheinlich ist, von einem herabfallenden Ast erschlagen zu werden. Für die genaue Wahrscheinlichkeitsberechnung würde ich in diesem Falle und mit der oben geschilderten Erfahrung die Pressestelle im „Statistischen“ für zuständig halten. Wir können es ja mal gemeinsam ausprobieren…

Willi Willig