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    Lahntal|17. Oktober 2024 | (Willi Willig). Dass auf Schüler, Pendler und Anwohner im Lahntal herausfordernde Monate zukommen, ist lange bekannt. Mit der aktuellen, sehr kurzfristig angekündigten, Sperrung der B260 in Richtung Lahnstein /Koblenz gibt es seit dem 9. Oktober einen dezenten Vorgeschmack, was ab Anfang November dann mit der Vollsperrung für den zweiten Bauabschnitt der B260-Sanierung auf alle zukommt, die auf eine Straßenverbindung zwischen Bad Ems und Lahnstein angewiesen sind. Nicht nur herausfordernd, sondern sogar mit bislang seit dem zweiten Weltkrieg nicht mehr erlebten Einschränkungen, wird die Situation aber ab der letzten Novemberwoche, wenn neben der B260 auch noch die Lahntal-Bahnstrecke gesperrt wird. Eine Abstimmung der beiden Großbaustellen zwischen der Bahn und dem LBM hat offenbar nie stattgefunden. Noch schlimmer: die Information der Öffentlichkeit, vor allem von Seiten der Bahn, lässt sich bei bestem Willen allerhöchstens noch als schlechter Witz bezeichnen.

    Was ist der aktuelle Stand auf der Straße?

    Von Lahnstein aus ist ab Anfang November ab hier dicht.

    Die B260 wird ab „Anfang November“ eigentlich zwischen Fachbach und der Friedrichssegener Brücke gesperrt, de facto geht aber zwischen Bad Ems und Lahnstein in Richtung Koblenz gar nichts, in der Gegenrichtung bleibt Friedrichssegen und damit auch der vordere Taunus erreichbar. Das hatte der LBM auch bereits im vergangenen Jahr öffentlich kommuniziert. Auch dass, noch nicht genau gesagt werden kann, ab welchem Tag und für welchen Zeitraum genau gesperrt werden muss, ist nachvollziehbar. Ernsthaft gut ist in diesem Zusammenhang der größte Teil der Kommunikation des Landesbetriebs in Sachen Lahnsteiner Brücke, noch viel toller die immernoch frühere Fertigstellung der Lahnsteiner Brücke. Dass diese vorbildliche Bilanz „auf den letzten Metern“ durch die zuvor niemals erwähnte Sperrung ab 9. Oktober einen kleinen Dämpfer erhalten hat, sei verziehen. Und auch ob letztlich ein ministerieller Terminkalender oder doch noch unbedingt notwendige Bautätigkeiten für eine einwöchige Verzögerung gegenüber allen bisherigen Ankündigungen bis zur Eröffnung am 4. November sorgten, wird schon in wenigen Wochen niemanden mehr beschäftigen. Festzuhalten ist: die Sanierung der Lahnsteiner Hochbrücke durch den LBM ging schneller als geplant, die Behinderungen in Lahnstein waren spürbar, aber deutlich geringer als erwartet. Das hat gepasst!

    Der Abfahrtsast zur B260 bleibt auch nach dem 4. November gesperrt – das wird aber nur wenige wirklich betreffen: ab der Friedrichssegener Brück ist sowieso gesperrt.

    Doch auch wenn die Hochbrücke in der wesentlichen Richtung (Koblenz-Rüdesheim und umgekehrt) ab dem 4. wieder befahrbar ist, wird noch weiter (unter dem Abfahrtsast, der eigentlichen Brücke und am Tunnel) gebaut. Für den Abfahrtsast aus Richtung Rüdesheim / Braubach ins Lahntal bedeutet dies: der bleibt erstmal gesperrt, dort stehen noch umfangreiche Arbeiten an den Lagern und dem Bauwerkskörper an. Bedeutet: aus Richtung Braubach muss man, um nach Friedrichssegen zu kommen, erstmal in Richtung Koblenz weiterfahren, an der Kaserne abfahren, unter der B42 durch und wieder in Richtung Friedrichssegen auffahren. Weiter geht es da ja wegen des zweiten Bauabschnitts der B260 dort sowieso nicht, wer in den Taunus will kann ja schon ab Braubach über das Forsthaus fahren – solange die L335 bis Dachsenhausen noch parallel gesperrt ist. Aus dem Lahntal würde gleiches gelten, aber aus Richtung Bad Ems kann ja aufgrund der Vollsperrung sowieso niemand kommen. Am Tunnel wird nur nachts und unter Ampelregelung gearbeitet – eine Spur bleibt so auch durch die Nacht mit Wartezeit erhalten.

    Bis zur Insel Oberau baut der LBM. Nach Fertigstellung bauen ab dort Versorgungsunternehmen weiter.

    Die Dauer der Sperrung der B260 hängt im Wesentlichen vom Wetter ab. Und von den anschließenden Arbeiten von Syna und Verbandsgemeindewerken Bad Ems-Nassau. Während der LBM nämlich „nur“ zwischen Friedrichssegener Brücke und der kleinen Brücke zur Insel Oberau baut, schließen sich die beiden Versorger mit nötigen Maßnahmen praktisch an. Sehr optimistisch geschätzt könnte alles zusammen bis März fertig sein, vorsichtig geschätzt erscheint anderen „Eingeweihten“ eher Mai als realistisch. Bis zur Fertigstellung wird der Verkehr von Bad Ems aus über die B261 (Denzerheide), die B49 (Südtangente) bis zur B42 – und umgekehrt – geleitet. Die Befürchtungen vieler nach der gleichen Umleitungsstrecke im vergangenen Winter während des ersten Sanierungsabschnitts: Höhenmeter, die kurvenreiche Strecke und winterliche Witterung könnten dort zum Problem werden. Super, wenn Pendler dann auf den ÖPNV und vor allem die Bahn ausweichen könnten. Doch ab 23. (oder 25. November) ist auch die Lahntal-Bahnstrecke vollgesperrt.

    Bahn macht die Sperrung komplett

    Seit Anfang Mai halten sich zunächst hartnäckige Gerüchte, später mit sehr wenigen, immer wieder sich widersprechenden Details und Daten umwobene „Wasserstandsmeldungen“ über die Vollsperrung der Bahnstrecke zwischen Nassau und Niederlahnstein. Seit Mitte Mai versucht 56aktuell Informationen zu der geplanten Bahnstreckensperrung zu bekommen, doch die Antworten der Bahn werfen jeweils nur weitere Fragen auf. Irgendwann stellt die Bahn das Antworten sogar ganz ein. Auch den eingeschalteten Bundestagsabgeordneten, Verbänden und Behörden geht es nicht viel besser. Bekommen sie zunächst – eventuell aufgrund der örtlichen Nähe zur Konzernzentrale in Berlin – noch Antwort von Konzernsprecher Dr. Klaus Vornhusen, zeigt sich schon im Juni: offenbar trennen Berlin und das Lahntal nicht nur rund 460 Kilometer Luftlinie, sondern ganze Galaxien. Einzig der CDU-Bundestagsabgeordnete Josef Oster nimmt Fragen von 56aktuell auf und versucht weitere Antworten zu bekommen. Bislang erntete aber auch der gewählte Volksvertreter nur noch Schweigen. Gestern kam endlich die ersehnte  Antwort – aber auch die wirft weitere Fragen auf.

    Wie ist der aktuelle Stand auf der Schiene?

    Wie die Bahntochter DB InfraGO erst am 5. September mitteilte, sollte die Strecke zwischen Nassau und Niederlahnstein vom 23. November 2024 bis zum 3. April 2025 gesperrt werden. Grund sei die Sanierung der beiden so genannten Vorlandbrücken der Lahnbrücke Nassau. „Während der Sperrung werden in Nassau die Überbauten beider Vorlandbrücken erneuert und die Natursteinunterbauten umfangreich saniert. Das optische Erscheinungsbild der Brücken wird ebenfalls verbessert, während die Fachwerküberbauten unverändert bleiben“, heißt es in der Pressemeldung. Dass die Vorlandbrücken gar keine Fachwerksüberbauten haben, ist der DB InfraGO in Frankfurt offenbar genauso egal, wie die Tatsache, dass eine andere Pressestelle der Bahn lange bestätigt hat, dass die gleichzeitige Sanierung der Halle des Bad Emser Bahnhofs der eigentliche Grund für die Sperrung bis Niederlahnstein und bis April sei. Zumindest der vorgeschobene. Aber dazu später mehr.

    Die Vorlandbrücke (vorgelagerte Brücke an Land, die Red.) auf der Seite des Freiherr-vom-Stein-Parks. Deutlich zu sehen: sie hat keinen Fachwerküberbau.

    „Gehölzrodungen an der Bahnböschung und im Eingangsbereich des Freiherr-vom-Stein Parks“ sowie die Wiederherstellung der betroffenen Flächen „nach Abschluss der Baumaßnahmen durch Anpflanzung von Bäumen und Sträuchern sowie weitere Ausgleichsmaßnahmen um die ökologische Vielfalt in der Region zu fördern“ finden in der – mit Verlaub – seltsamen, aber bis gestern einzigen öffentlichen Presseverlautbarung einer Bahntochter genauso Beachtung wie die, an der „westlichen Vorlandbrücke lebende Graureiher-Kolonie“.  Wie ab Ende November hunderte von Fahrschülern in die Bad Emser oder Lahnsteiner Schulen, oder in umgekehrter Richtung nach Nassau oder Diez kommen sollen, wurde mit keiner Silbe erwähnt.

    Während die zuständige Pressestelle der Bahn schon im Juni nicht mehr oder nur noch in Rätseln auf 56aktuell-Anfragen reagierte, bekam der CDU-Bundestagsabgeordnete Oster Ende Juli eine Antwort auf seine Anfrage vom Konzernbevollmächtigten der Bahn für Rheinland-Pfalz, das Saarland und Hessen (wegen des Unterhaltungswertes im buchstäblichen Wortlaut, die Red.)

    „Nach den letzten Abstimmungen mit dem Landesbetrieb Mobilität (LBM) Dietz, dem SPNV Nord, den Eisenverkehrsunternehmen und der DB InfraGO, ist eine zeitliche Entzerrung der Baumaßnahmen leider nicht mehr möglich. Die DB InfraGO hat daher mögliche Schienenersatzverkehr (SEV)-Alternativen untersucht.“

    Die angeführten „letzten Abstimmungen“ hat es laut des Projektverantwortlichen beim LBM genauso wenig gegeben wie irgendwelche zuvor. „Wir haben von der Sperrung durch ihren Bericht erfahren“, heißt es am 56aktuell-Telefon. Dass der Bahnbevollmächtigte für gleich drei Bundesländer Diez mit „t“ schreibt, mag noch der unübersichtlichen Größe des Zuständigkeitsbereichs geschuldet sein, dass aber zwischen den Wortteilen „Eisen“ und „verkehrsunternehmen“ noch ein Einschub fehlt, sollte dem Konzernbevollmächtigten des größten EisenBAHNverkehrsunternehmens in Deutschland ebenso bekannt sein, wie die Tatsache, dass eben nicht die DB InfraGO, sondern die weitere Konzerntochter „DB SEV GmbH“ mit Sitz in Berlin die Schienenersatzverkehre, also den Bustransport im Falle ausfallender Zugverbindungen, plant. Schade, denn sonst hätte Dr. Klaus Vornhusen schon im Juli wissen können, dass für den wirklich zuständigen Planer im fernen Berlin drei SEV-Verbindungen „zu viel des Guten“ wären. Vornhusen teilte dem Bundestagsabgeordneten mit, es gäbe drei Bus-Ersatzverbindungen

    • von Nassau über Bad Ems, die B261, die B49 bis zum Koblenzer Koblenz Hauptbahnhof
    • von Nievern nach Bad Ems solle ein Pendelbus, der in Bad Ems Anschluss an den SEV von/nach Koblenz Hbf hat, verkehren
    • von Friedrichssegen nach Niederlahnstein solle ebenfalls ein Bus pendeln, der in Niederlahnstein Anschluss an die RB 10 von/nach Koblenz Hbf habe

    Im nächsten Schritt solle eine detaillierte SEV-Planung erfolgen. Sollten sich darüber hinaus relevante Informationen aus der weiteren Planung ergeben, würde Dr. Vornhusen Herrn Oster gerne informiert halten.

    Die Weichen – oder besser Gretchenfrage

    Soweit der Plan, der in der 56aktuell-Redaktion ganz große Fragezeichen aufwirft.

    • Wie soll das bei hunderten (!) Schülern, die frühmorgens eigentlich in Bad Ems-West aus dem Zug strömen und mittags zu unterschiedlichen Zeiten in beide Richtungen zurückmüssen, mit Bussen funktionieren?
    • Wie viele Busse und Busfahrer sollen dafür bereitstehen und woher sollen sie kommen?
    • Wie lange sollen Schüler unterwegs sein, wenn sie zum Beispiel aus Nassau nach Lahnstein zur Berufsschule müssen, der Ersatzbus aber nur von Nassau über Bad Ems nach Koblenz fährt?
    • Wie lange soll das in der anderen Richtung für einen Berufsschüler aus Lahnstein dauern, der nach Diez in die Schule muss?
    • Und: Warum, so fragt sich zum Glück nicht nur der Verfasser dieser Zeilen, sondern auch so mancher bahnerfahrene Pendler im direkten Kontakt, sollen die Züge eigentlich nicht von Koblenz bis Bad Ems-West fahren?

    Da ist die eigens montierte Weiche. Kurz vor dem Bad Emser Banhof gibt es sogar noch eine zweite.

    Erst vor wenigen Jahren wurde nämlich genau für einen solchen möglichen Pendelverkehr zwischen Koblenz und Bad Ems eine zusätzliche Weiche auf Höhe der russischen Kirche eingebaut. Über Umwege erfuhr 56aktuell, wir haben ja mittlerweile keine Antwort mehr auf unsere Fragen bekommen, dass dies aufgrund einer fehlenden Signalanlage nicht möglich sei. Nur durch einen ständig physisch erreichbaren Fahrdienstleiter, der mündlich eine Freigabe zum Gleiswechsel gebe, könne ohne Signal das Gleis gewechselt werden, so verlange es die eigene Dienstvorschrift, das wiederum könne die Bahn aber personell nicht sicherstellen.

    Deutlich sichtbar gibt es auch die nötigen Signale – leider im Baustellenbereich.

    Es gibt dieses Signal. Es steht im Bad Emser Bahnhof, der im Volksmund immernoch Hauptbahnhof genannt wird, was man einem „Bahner“ gegenüber aber niemals erwähnen sollte. Die Gründe dafür würden übrigens selbst den Rahmen dieser sowieso schon epischen Schilderung sprengen. Also jetzt für uns Bahn-Laien: das Signal steht unter dem Dach der, zu sanierenden, Bahnhofshalle. Das nötige Vorsignal auch. Beide würden aus Richtung Limburg / Nassau einfahrenden Zügen „Rot“ zeigen und so verhindern, dass ein von dort kommender Zug in den, an der Weiche wendenden Pendelverkehr zwischen Bad Ems und Koblenz kracht.

    Wir lassen das jetzt mal einen Moment sacken.,,,

    Von dort kann kein Zug kommen, die Strecke ist ja dann wegen der Brückenbaustelle ab Nassau gesperrt. Und wegen der Sanierung inklusive kompletter Einhausung der Bahnhofshalle in Bad Ems könnte der fiktive Zug auch nicht durch die Bahnhofshalle fahren, sonst wäre das ja auch für Personenzüge – bis zum nötigen Signal – möglich. Doch Logik scheint nicht zwingender Bestandteil der Bahndienstvorschrift zu sein. Nur für die theoretische Betrachtung haben wir den zahlreichen Behörden, Verbänden und politisch Tätigen die Fragestellung weitergegeben – zur Erinnerung: uns antwortete die Bahn ja nicht mehr: warum stellt man keine zusätzliche Signaleinrichtung auf, zur Not auch improvisiert? Das passiert ja auch bei Unfällen, Erdrutschen oder Ähnlichem. Daraufhin haben zumindest einige der Fragenden eine Antwort erhalten: dies sei aufgrund der Kürze der Zeit nicht planbar gewesen. Zugegeben, der Zeitraum war wirklich kurz. Nur etwa acht Jahre der Planung sind belegbar, seit fast sechs Jahren spricht die Bahn zum Beispiel in unregelmäßigen Abständen immer wieder mit einem Eigentümer über eine potenzielle Aufstellfläche für den benötigten Kran. Übrigens ist in dieser Angelegenheit – auch vier Wochen vor dem bislang genannten Baubeginn – noch keine Einigung erzielt. Am 11. November soll der 100-Tonnen schwere, 80 Meter hohe Kran mit einem 70-Meter-Ausleger aufgebaut werden. Der Grundstückseigentümer bekommt zu seinen Fragen nach Bodengutachten, Standsicherheitsfragen und Haftungsfreistellungen genauso wenig Antworten wie 56aktuell durch die zuständige Pressestelle.

    Der letzte Versuch findet endlich Gehör

    In einem letzten Aufbäumen hat das Team um den Bundestagsabgeordneten Josef Oster in enger Absprache mit 56aktuell den Konzernbevollmächtigten mit konkreten Fragen zur Weichenlösung und der Anfahrbarkeit von Bad Ems-West „genötigt“, 56aktuell hat der Bahn am vergangenen Montag sogar eine Frist gesetzt, die am heutigen Donnerstag fruchtlos verstrich. Aber, oh Wunder, der Konzern-Bevollmächtigte hat heute, zwar nicht die Presse, aber Verbände und Politik über den neuesten, angepassten Planungsstand informiert.

    „Wir nehmen Ihre Hinweise – insbesondere auch hinsichtlich der Schülerverkehre – sehr ernst und haben noch einmal verschiedene Umsetzungsoptionen geprüft“, beginnt Dr. Vornhusen und weckt selbst im sehr desillusionierten 56aktuell-Redakteur noch Hoffnung. Diese hält dann auch noch genau zwei Sätze, von eher belanglosem Inhalt, an. Dann heißt es:

    Ergebnis unserer Analysen ist, dass bei Realisierung aller aktuell geplanten Baumaßnahmen leider weiterhin keine Möglichkeit zur Bedienung von Bad Ems West bestehen würde.

    Dann beruft er sich auf bahneigene Vorschriften, Sicherheitsvorschriften und Abläufe, um dies zu rechtfertigen. „Vor diesem Hintergrund sehen wir als einzige Möglichkeit für die Bedienung von Bad Ems West während der Baumaßnahmen, die vorgesehenen Arbeiten umzuplanen und teilweise zu verschieben. Die nun erarbeitete Lösung sieht vor, die Sanierung der Eisenbahnüberführung Bad Ems für den vorgesehenen Zeitraum abzusagen und später durchzuführen.“

    Und plötzlich wird noch eine – noch gar nicht abgestimmte und angekündigte Baustelle aus dem Hut gezaubert – die Unterführung in der Braubacher Straße

    Diese jetzt abgesagte Maßnahme wurde heute zum ersten Mal überhaupt öffentlich erwähnt. Dass für eine Sanierung der Unterführung, gemeint ist die in der Braubacher Straße, eine Vollsperrung für den Fahrzeugverkehr erforderlich gewesen wäre, spielte bei den Überlegungen im fernen Berlin wohl einmal mehr keine Rolle. Die Menschen im Lahntal wären aber auf die Verbindung nach Braubach gerade während der Sperrung der B260 angewiesen gewesen, übrigens auch der gesamte Verkehr zwischen Lahntal, Westerwald und Vordertaunus, da ja die L335 zwischen Braubach und Dachsenhausen ebenfalls noch gesperrt ist. Als wir im Zuge der Recherche zu der Bahnsperrung durch eine Baubesprechung vor Ort auf das Thema Unterführungs-Sanierung aufmerksam wurden, hielten wir das selbst für Bahnverhältnisse für zu realitätsfern, offenbar fälschlicherweise.

    Das ist Deutschlands kleinste Bahnhofshalle – nur die wird saniert.

    Doch zurück zu der aktuellen Mitteilung von Dr. Vornhusen: „Die Sanierung der Verkehrsstation von Bad Ems (bisher: Hallendach, Bahnsteig, Personenunterführung) werden wir umfangreich umplanen müssen und auch dieses Bauprojekt zum Teil absagen bzw. verschieben (u.a. keine Umsetzung der Personenunterführung).“ Mit der Verkehrsstation Bad Ems dürfte wohl das gemeint sein, was wir Laien den Hauptbahnhof nennen. Spätestens jetzt wird es aber deutlich Zeit einmal über die Besitzverhältnisse zu sprechen. Die Bahn will die Bahnhofshalle, übrigens Deutschlands kleinste Bahnhofshalle, sanieren. Das Bahnhofsgebäude befindet sich in Privatbesitz. Alle dazu vorgestellten Pläne zu dessen Sanierung oder Neunutzung sind bislang im Sande verlaufen. Leider denken viele Bad Emser, dass mit der aktuell geplanten Sanierungsmaßnahme auch der Bahnhof in altem Glanz neu erstrahlt. Das ist aber ein Irrtum. Die frisch sanierte Kleinste Bahnhofshalle Deutschlands findet sich dann weiterhin hinter einem schäbigen Gebäude. Die Unterführung, zumindest der Teil aus dem Kaisersaal zur Braubacher Straße, gehört der Stadt Bad Ems. Eigentlich geplant war seitens der Bahn, zumindest wurde es so öffentlich mitgeteilt, die bestehende Treppe schmaler zu gestalten, um für die Bahnsteige eine größere Breite zu erhalten. Warum das jetzt ausfallen sollte, erschließt sich nicht. Die städtische Unterführung zu sanieren hat die Bahn jedenfalls nie zuvor angeboten, es erscheint auch rechtlich schwierig. Die Bahnsteige wiederum erst später zu verbreitern, dürfte baulich gar nicht gehen.

    Das Bahnhofsgebäude bleibt genauso schäbig, wie es ist.

    „Daraus ergibt sich nun folgendes neues Sperrkonzept: Im Zeitraum 25.11.2024 bis 9.01.2025 (morgens) kann die aktuelle Sperrsituation nicht angepasst werden. Eine Bedienung von Bad Ems West ist weiterhin nicht möglich. In diesem Zeitraum muss also das aktuell geplante SEV-Konzept umgesetzt werden.“ Damit ist aber nicht mehr das ursprüngliche und oben erwähnte SEV-Konzept gemeint. Das aktuell geplante Konzept für den Schienenersatzverkehr (SEV) bis 9.01.2025 sieht jetzt folgende Angebote vor:

    • Zwischen Koblenz Hauptbahnhof und Limburg verkehrt ein Expressbus via Autobahn ohne Zwischenhalt, Anschluss von und auf RE 25 in Limburg. Das klingt neu, wurde aber auch bei allen anderen Sperrungen, wie zum Beispiel Tunnel- oder Brückenbaustellen immer so angeboten, aber nur mäßig genutzt, die Red.
    • Zwischen Nassau und Koblenz Hauptbahnhof verkehrt ein Bus (mit Anschluss von und auf RB 23 in Nassau) über Bad Ems–Bad Ems West–Fachbach–B 261–B49 direkt nach Koblenz Hbf. Das ist teilweise wie vorher angekündigt, soll aber wohl mit dem Schlenker über Fachbach den Nieverner SEV ersetzen, wie lange eine solche Fahrt dauern soll werden wir ausprobieren, die Red.
    • Zwischen Friedrichssegen und Niederlahnstein verkehrt ein Kleinbus (mit Anschluss von und auf RB 23 in Niederlahnstein). Punkt bleibt wie zuvor angekündigt, die Red.

    Linienverlängerungen zur Schülerbeförderung z.B. nach Bad Ems West/Schulzentrum sind aktuell in Abstimmung mit den Schulbehörden. Das SEV-Konzept für den Zeitraum ab 9.01.2025 wird derzeit erarbeitet.

    Die mitglieferte Karte zum geplanten Schienenersatzverkehr

    „Im Zeitraum vom 9. Januar bis zum 3. April 2025 wird Bad Ems West dagegen wegen der Modifikationen am Baukonzept immerhin zeitweise anfahrbar sein. Ziel ist, zumindest die Schülerverkehre zu ermöglichen. Wir prüfen zudem, ob es möglich ist, noch weitere Teile der Hauptverkehrszeit bedienbar zu machen. Eine durchgehende Freigabe des Gleises wird jedoch weiterhin nicht möglich sein (…)“, heißt es in der Mitteilung weiter.  Das ist natürlich sehr begrüßenswert, da es die nahezu unzumutbaren Zustände im Schüler- und Pendlerverkehr schließlich um ganze zwölf Wochen verkürzt. Warum allerdings ein Zug der morgens, mittags und nachmittags bis Bad Ems-West fahren kann, das den Rest des Tages nicht können sollte, erschließt sich auch bei eingehender Betrachtung nicht und müsste im Detail erläutert werden.

    „Als Hintergrund möchten wir erläutern, dass vorgesehen ist, im Zeitraum bis 9.01.2025 jenen Teil der Arbeiten umzusetzen, der eine durchgehende Parallelsperrung von Gleis 1 und Gleis 2 erfordert (u.a. Gerüstaufbau, Arbeiten an Querkonstruktionen Hallendach, etc.); dadurch können wir ab dem 9.01.2025 Bedingungen herstellen, die eine Wende der von Koblenz kommenden Pendelzüge ermöglicht. Folge dieser Umplanung ist allerdings u.a., dass wir leider für die Sanierungen in Bad Ems auch Nachtarbeiten vorsehen müssen. Dies hatten wir im bisherigen Bauablaufkonzept unter Berücksichtigung der Belange eines Kurorts zu vermeiden versucht“.

    Da war sie, die nett verpackte „bittere Pille“. Seltsam bleibt, dass diese Umplanung inklusive zu genehmigender Nachtarbeiten zeitlich so kurzfristig möglich war, während die dagegen eher einfache Installation eines – falls überhaupt nötigen Signals – Jahre länger gedauert hätte. Allerdings lieber Dr. Vornhusen, diese Anmerkung sei erlaubt, wäre sogar schon zu Kaisers Zeiten in den Wintermonaten der Kurbetrieb gar nicht betroffen gewesen. Der Legende nach rief der Bahnhofsvorsteher in eben dieser jetzt zu sanierenden Bahnhofshalle im Sommer für die Kurgäste immer deutlich „Bad Ems“, im Winter lediglich „Eeems“. Abgesehen davon sind die überhaupt verbliebenen Kureinrichtungen nicht am Bahnhof angesiedelt, die großen Logierhäuser gibt es dort auch lange nicht mehr. Anwohner sind allerdings von den nun eingebauten Nachtarbeiten durchaus betroffen.

    Zum Schluss lässt der Konzernbevollmächtigte die Katze dann doch noch aus dem Sack: „Die Baubedarfe, die wir für die Ermöglichung v.a. der Schülerverkehre verschieben, bleiben bestehen, sodass für die nächsten Jahre zusätzliche Sperrpausen eingeplant werden müssen.“ Mit ein wenig Planung könnte man das ja in einen Sommerferien-Zeitraum legen, aber auch außerhalb der Ferien stünde dann wenigstens eine Straße parallel zur Verfügung. Eventuell nutzt die Bahn aber die nächsten Jahre, um die Vorschriften bezüglich Weichennutzung in Baustellen- und Ausnahmesituationen ans 21. Jahrhundert anzupassen.

    Die Brücke am Dausenauer Bahnhof. Foto: http://www.spielmannszug-dausenau.de

    Übrigens: angeblich soll jetzt auch noch der längst nötige Neubau der Brücke über die Lahntal-Bahnstrecke am Dausenauer Bahnhof während der jetzt anvisierten Sperrzeit erfolgen, meldet die Rhein-Zeitung aus der jüngsten Dausenauer Gemeinderatssitzung. Bürgermeisterin Michelle Wittler bestätigte gegenüber 56aktuell, dass sie den Stand der Planungen vorgestellt habe, die Abstimmungen sich aber noch in einem frühen Stadium befänden. Die Bahn hat zu diesem zeitlich sehr motivierten Bestreben noch nichts öffentlich verlauten lassen. Sinn machen würde es durchaus, diese Maßnahme jetzt so schnell wie möglich umzusetzen – angesichts der oben aufgeführten Planungszeiträume dürfen aber Zweifel an der Machbarkeit vor Ostern erlaubt sein.

    ++Update: die Bahn hat soeben (Freitag, 14.59 Uhr) auch eine Pressemitteilung zu dem Thema veröffentlicht. Der Vollständigkeit halber sei diese hier erwähnt und verlinkt. Der Artikel dürfte aber wesentlich detailliertere Informationen enthalten. Eine Antwort auf unsere Fragen haben wir übrigens immernoch nicht bekommen++

    Beitragsbild: Originalfoto von  Touristik Bad Ems-Nassau e.V. / by Domik Ketz; Bearbeitung 56aktuell / Foto pexels

     

     

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