Dr. Wolfgang Schäuble am Zentrum Innere Führung in Koblenz zum Ukrainekrieg
KOBLENZ. Dr. Wolfgang Schäuble, ehemaliger Bundestagspräsident und dienstältestes Mitglied des Deutschen Bundestages, besuchte am 9. März 2022 das Zentrum Innere Führung. Der CDU-Politiker tauschte sich vor dem Hintergrund der aktuellen Geschehnisse in der Ukraine zu Themen der Inneren Führung mit Lehrgangsteilnehmenden und Angehörigen des Zentrums aus.
Der Kommandeur des Zentrums Innere Führung, Generalmajor André Bodemann, begrüßte Dr. Wolfgang Schäuble zu der unter Corona-Auflagen stattfindenden Veranstaltung und lud alle Anwesenden zum regen Austausch und zur Diskussion ein.
Vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine und der aktuellen sicherheitspolitischen Lage blickte Dr. Schäuble zunächst in die Zeiten des Kalten Kriegs zurück und erinnerte an den NATO-Doppelbeschluss und die dagegen gerichtete Friedensbewegung mit der berühmten Bonner Hofgarten-Demonstration. Damals sei unter den Gegnern des Doppelbeschlusses ein Gefühl moralischer Überlegenheit zu spüren gewesen, das er selbst bis heute so nicht nachvollziehen könne. Für die Zeit nach 1990 beschrieb der CDU-Politiker den veränderten Zeitgeist dann als das Verständnis, „dass die Kriegsbedrohung nun aber wirklich vorbei“ sei „und die Landes- und Bündnisverteidigung ad acta gelegt werden könne. Die Bundeswehr als Parlamentsarmee, getragen von einer Mehrheit der Bevölkerung, habe in den folgenden Jahren zahlreiche Veränderungen und Anpassungen über sich ergehen lassen müssen. „Wir [Anm. d. Red.: Politiker] haben alle in den vergangenen Jahrzehnten daran mitgewirkt, dass der Landes- und Bündnisverteidigung in Deutschland nicht mehr die ihr gebührende Bedeutung beigemessen wurde und müssen nun im Schnelldurchlauf lernen, welche Relevanz diese gerade in der heutigen Zeit hat.“
Dieser Prozess beschleunigte sich spätestens seit dem 24. Februar 2022 mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine nochmals in nicht erwartetem Maße.
Die Kraft des Widerstands
Das Kalkül Wladimir Putins in der Vorbereitung auf den Krieg in der Ukraine sei es gewesen, dass er sich eher in der Lage wähnte, Russland in einen Krieg zu führen, als den Westen, in diesem Krieg gemeinschaftlich zu widerstehen. Die Frage sei nun, ob dieses Kalkül aufgehe oder nicht.
Mit zwei Dingen habe der russische Präsident aber wahrscheinlich nicht gerechnet, so Schäuble: auf der einen Seite mit der Widerstandskraft der Ukrainer und auf der anderen Seite mit der Geschlossenheit der Nato und der EU. Wichtig sei nun, nicht auf die Konfrontationen Putins einzugehen, sondern geschlossen und langanhaltend dagegen zu halten.
„Wir lernen jetzt in allen Teilen unserer Öffentlichkeit und des freiheitlichen-demokratischen Systems alte Weisheiten ganz neu: Wenn du in Frieden leben willst, musst du dich darauf vorbereiten, dich verteidigen zu können.“
Der entscheidende Punkt sei dabei, dass die deutsche Bevölkerung für die freiheitlichen Werte eintreten und das Notwendige dafür tun müsse. Dabei stellte Dr. Schäuble die Bedeutung des „Dienens“ im Kontext der Freiheit mehrfach dar. Dies gelte insbesondere für Soldatinnen und Soldaten und ihren Dienst. Die aktuelle Situation biete aber auch die große Chance, dem soldatischen Dienst noch stärker eine überzeugende Sinnstiftung zu verleihen und das Selbstbewusstsein der Soldatinnen und Soldaten für ihren Dienst zu schärfen. Dabei müsse und werde die Innere Führung eine bedeutende Rolle spielen.
Im Anschluss an den Impulsvortrag Dr. Schäubles entspann sich eine lebhafte Diskussion über die freiheitlichen, demokratischen Werte und die daraus folgenden Rechte und Pflichten für alle Teile der Bevölkerung. Denn: „Freiheit gibt es nicht zum Null-Tarif“. Teilnehmende der Trainings „Innere Führung mit Bataillonskommandeuren“ sowie „Innere Führung mit Einheitsführern“ kamen dabei ebenso zu Wort wie Angehörige des Zentrums Innere Führung.
Ein bewegtes Leben, eine außergewöhnliche Karriere
Dr. Wolfgang Schäuble wurde 1942 in Freiburg im Breisgau geboren. Der promovierte Rechts- und Wirtschaftswissenschaftler ist seit 1972 für die CDU Mitglied des Deutschen Bundestags. U.a. war Dr. Wolfgang Schäuble maßgeblich an den Verhandlungen zum Einigungsvertrag 1990 beteiligt.
In seiner Partei bekleidete er u. a. das Amt des Vorsitzenden der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag sowie des Parteivorsitzenden der CDU. In den Regierungen von Helmut Kohl und Angela Merkel war Dr. Schäuble u. a. Chef des Bundeskanzleramtes, Bundesminister des Inneren und Bundesminister der Finanzen. Zuletzt war er Präsident des Deutschen Bundestags. 2021 eröffnete er als Alterspräsident die konstituierende Sitzung des 20. Deutschen Bundestags.
Quelle_ PM ZInFue
Bild (Bundeswehr/Hunold) – Wertvolle Einordnungen: Dr. Wolfgang Schäuble bei seinem Impuls am Zentrum Innere Führung