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Endlich wieder ein richtiges Konzert

„Verrückte Zeiten – Verrückte Musik“ mit dem Ensemble „Musici di Sayn“

(ww). Bendorf-Sayn. Die Freude war den circa 50 Zuhörerinnen und Zuhörern anzusehen, die unter den bekannten Corona-Auflagen zum Barockkonzert in die Abteikirche Bendorf-Sayn kamen. Ein besonderer Tag auch für Wolfgang Heinzen, der an das letzte Barockkonzert im September 2020 erinnerte und auf fünf folgende Orgelkonzerte hinwies.

Es sind verrückte Zeiten, und die Veranstalter hatten erst wenige Tage zuvor Gewissheit, dass der Konzertnachmittag überhaupt stattfinden konnte. „Verrückte Zeiten – Verrückte Musik“ lautete denn auch der launige Titel, unter dem das Ensemble „Musici di Sayn“ bekannte und unbekanntere Komponisten zu Gehör brachte.

Mit zwei Sätzen aus der Triosonate in C-Dur von Johann Gottlieb Theophilus Goldberg eröffneten die Musici den musikalischen Reigen. Die Meinung, Johann Sebastian Bach habe dieses Werk geschrieben, wurde durch die Forschung im wahrsten Sinne „verrückt“.

Ein Meisterstück auf der Violine und begleitet von Johannes Geffert am Cembalo präsentierte Hendrike Steinebach mit Giovanni Battista Fontanas Sonata seconda für Violine und Tasteninstrument. Nach Einschätzung seiner Zeitgenossen, so Hendrike Steinebach, war Fontana „einer der einzigartigsten Virtuosen des Violinspiels“, wie die einzige Quelle über sein Leben, der Abdruck seiner 18 Sonaten 11 Jahre nach seinem Tod erklärt.

Auch Ulrike Friedrich moderierte persönlich ihren Solobeitrag an, die Fantasia Nr. 5 in C-Dur TWV 40:6 von Georg Philipp Telemann. Beim wunderschönen Flötenspiel konnte das Auditorium nachvollziehen, wie sich der zweite Satz aus neun Tönen aufbaut. „Musik aus dem Lockdown, nur eine Geige oder nur eine Flöte und viel Zeit, alleine zu üben“, so Professor Johannes Geffert. Und er kündigte die vom gesamten Ensemble gespielte Triosonate in G-Dur Wq 144 von Carl Philipp Emanuel Bach an, zunächst das Adagio verträumt mit langen Streicherläufen. Den zweiten und auch dritten Satz dagegen beschwingt, präsentierten die Musici eine Komposition im sogenannten „Berliner Stil“.

Vom gleichen Komponisten spielte Johannes Geffert im Anschluss als Cembalo-Solo die Fantasie F-Dur Wq 59,5. Carl Philipp Emanuel war für seine Fantasien berühmt. Und er konnte sich im Improvisieren verlieren, zitierte Johannes Geffert einen Zeitgenossen: „Bach spielte zwei Stunden und sein Gesicht nahm einen blöden Ausdruck an.“

Nun war die Zeit fürs Cello gekommen. Mizuki Ideue hatte ein „überraschendes und fast schon aggressive Stück“, einen „Tanz“ ausgesucht, die Gigue in C-Dur von Johann Sebastian Bach. Überraschend denn auch ihr zweites Cellostück von einer zeitgenössischen Komponistin. Das 1974 von Sofia Gubaidulina komponierte Prelude Nr. 10 spielte Mizuki Ideue ohne Bogen. Nicht durch Zupfen, sondern durch Schlagen der Saiten mit Fingern und Daumen erzeugte sie einen unglaublichen, geradezu gespenstischen Ton, der im Umfeld harmonischer Barockklänge besonders beeindruckte.

Mit der „La Folia“, der „Verrücktheit“, die Francesco Geminiani nach Corellis op V 12 geschrieben hat, schloss das Ensemble den Themenkreis „Verrückte Zeiten – Verrückte Musik“ und setzte einen glanzvollen Schlusspunkt.

Großer Applaus und auch im Ensemble fröhliche Gesichter. Ein Dank von den Zuhörerinnen und Zuhörern, dass die Künstler ihnen diese kostbaren Musikschätze und eine Stunde Normalität in verrückten Zeiten geschenkt hatten!

Nur zu hoffen, dass auch das nächste Konzert am Sonntag, 10. Oktober 2021, um 17 Uhr stattfinden kann. Dann soll zum 400. Todestag von Michael Prätorius eine „Mehrchörige Pracht“ aufgeführt werden.

Quelle: PM etm-medienbüro