Region | 13. April 2022 | (ww). Wo spielende Kinder und Autos aufeinander treffen, wird es schnell gefährlich. „Schnell“ ist dabei oft auch das Schlagwort das unter Anwohnern von Haupt- und Durchfahrtsstraßen oder viel befahrenenen 30-er Zonen heiß diskutiert wird und meist in die Forderung nach Geschwindigkeitsbeschränkung, bzw- überwachung mündet. Neue Geschwindigkeitsbeschränkungen sind aber schwer durchzusetzen, und bringen – realistisch betrachtet – eher wenig. Da werden Anlieger gern erfinderisch. Seit Jahren prägen Holzfiguren am Straßenrand, spielenden oder rennenden Kindern oft täuschend echt nachempfunden, das Bild vieler Orte, vor allem im ländlichen Bereich. In Becheln im Rhein-Lahn-Kreis müssen die „Street Buddys“, oft auch „Schutzengel“ oder einfach „Holz-Warn-Kinder“ genannten, bislang wirksamen Einbremser jetzt verschwinden. Kreisverwaltung und Ordnungsamt haben dies im Rahmen einer Verkehrsschau bemängelt und angeordnet.
Im Protokoll, der letzten Verkehrsschau, wurde die Ortsgemeinde aufgefordert, die Holzfiguren (auch Street Buddys genannt), die aufgestellt wurden, um eine Geschwindigkeitsreduzierung herbeizuführen, zu entfernen. Neben fehlender rechtlicher Wirkung würde eine falsche Sicherheit suggeriert und es würde sich schnell ein Gewöhnungseffekt einstellen.
Der Gemeinderat tat sich schwer, dieser Aufforderung nachzukommen. Er hatte sich über die Gestaltung und das Aufstellen der Holzfiguren sehr gefreut. Nach erfolgter Rücksprache mit dem Ordnungsamt der Verbandsgemeindeverwaltung und der Straßenverkehrsbehörde der Kreisverwaltung des Rhein-Lahn-Kreises wurde der Ortsgemeinde aber auch hier die Entfernung der Street Buddys nahegelegt. Gem. § 32 StVO dürfen keine Gegenstände in den Verkehrsraum gestellt werden. Dazu zählen auch der Gehweg und das Beet. So haben wir uns schweren Herzens dazu entscheiden, die liebevoll gestalteten Holzfiguren zu entfernen.Michaela Lehmler, Ortsbürgermeisterin
An der Kirche steht noch ein Holz-Buddy… …in der Taunusstraße bremst auch noch ein Exemplar. An der Hauptstraße könnte es sein, dass der Buddy auf Privatgrund weiter warnt
Genauso schwer wie für die Ortsgemeinde, ist die Anordnung für die Anlieger der Hauptstraße zu verstehen. „Sollen wir da jetzt unsere echten Kinder hinstellen?“, fragt eine Anliegerin, die eine Kunststoffvariante des Streetbuddys gekauft hat, weil „es echt nicht mehr auszuhalten ist! Die Ortsdurchfahrt wird trotz Verschwenkungen wie eine Rennstrecke genutzt – das ist lebensgefährlich“, erzählt sie. Das bekräftigt auch ein Nachbar: „Besonders schlimm war die Zeit, als die Strecke Braubach-Dachsenhausen gesperrt war und alles hier durchgerauscht ist. Warum machen die nicht einfach mal Geschwindigkeitskontrollen, anstatt Sachen die zumindest einen Effekt haben zu verbieten?“. Ein weiterer Anlieger lacht verächtlich, als er die Argumentation der Behörden liest „Da tritt also ein Gewöhnungseffekt ein? Ist doch prima: wenn sich jeder dran gewöhnt hat, dass hier immer Kinder sind, wird auch immer langsam gefahren“, dreht er den Einwand der „Verkehrsexperten um“ – von der Hand zu weisen ist das Argument sicher nicht. „Wenn sie es unbedingt rechtlich sicher haben wollen, müssen sie halt endlich `nen Blitzer hinstellen und das mit der suggerierten falschen Sicherheit ist doch einfach Kappes – sowas gibt es auch nur in Deutschland“, macht er seinem Ärger Luft.
In Becheln sind jedenfalls die meisten der Holz-Warn-Kinder inzwischen entfernt. Eine Anwohnerin möchte es allerdings „mal drauf ankommen lassen – was soll denn passieren? Wenn ich es nicht auf den Bürgersteig oder in die Baumscheibe stellen darf, stelle ich es halt auf mein Grundstück. Wer soll mir das verbieten?“, fragt sie. Das ist der Tat eine berechtigte Frage, zumindest wenn der gleiche Kreis und das gleiche Ordnungsamt im Zuständigkeitsbereich bislang zumindest offensichtlich unterschiedliche Maßstäbe anstellen: in Nassau gibt es beispielsweise noch reichlich der „Buddys“, die zum Glück als „Schutzengel“ mit der Silhouette von Kindern, ausgesägt aus Holz weiter warnen…