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Rhein-Lahn-Kreis: Für Autofahrer kommt es jetzt „dicke“ – drei Hauptverkehrsadern ab September für Monate dicht

Drei Abschnitte werden gleichzeitig saniert – zwei Vollsperrungen, eine regionale Einbahn-Umleitung - kurzer Vorlauf

Rhein-Lahn-Kreis | 31. Juli 2023 | (ww). Ab September müssen sich Autofahrer im Rhein-Lahn-Kreis auf massive Behinderungen durch Sperrungen und kilometerweite Umleitungen einstellen. Die B260 soll gleich an zwei wichtigen Stellen – zwischen Lahnstein und Friedrichssegen und zwischen Holzhausen und Pohl für gute drei, bzw. vier Monate gesperrt werden, die B417 zwischen Nassau und Obernhof ebenfalls für gute drei Monate.

Eher durch Zufall hat die 56aktuell-Redaktion von den geplanten Baustellen erfahren. Zurzeit werden betroffene Behörden, Organisationen und Kommunen „angehört“ – allerdings haben mögliche Eingaben nach bisheriger Erfahrung wohl kaum aufschiebenden oder verändernden Charakter. Nach uns vorliegenden Informationen werden die drei Sanierungsmaßnahmen aufgrund kurzfristig freiwerdender Mittel und teilweise mit Blick auf die bevorstehende Hochbrückensperrung in Lahnstein im kommenden Jahr jetzt mit Hochdruck durchgezogen. Eine Nachfrage beim LBM sollte Klarheit bringen: die erste Antwort am Telefon: „Das ist ja noch weit bis hin – da weiß die Pressestelle noch nichts. Aber wir machen uns schlau.“ Die Antwort lag dann auch, übrigens erfreulich schnell , am Folgetag vor.

Doch was passiert genau?

B260 zwischen Lahnstein und Fachbach | Vollsperrung | zweimal 4-5 Monate

Wie der LBM auf 56aktuell Nachfrage bestätigt, soll die B 260 zwischen der Ruppertsklamm (Beginn Umgehungsstraße Lahnstein) und der Zufahrt zur Insel Oberau in zwei Bauabschnitten unter Vollsperrung saniert werden. Von September bis Ende Dezember, also bereits in nicht ganz vier Wochen, ist der Bauabschnitt 1 von der Ruppertsklamm bis zur Friedrichssegener Brücke dran. Eine Umleitung erfolgt über Bad Ems, B261, B49, bzw. für Friedrichssegen und Miellen auch über Frücht. Eine halbseitige, ampelgesteuerte Verkehrsführung lehnt der LBM ab: „Wegen unzureichender Fahrbahnbreiten und unter Berücksichtigung der RSA (Richtlinie für die verkehrsrechtliche Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen) sowie der Arbeitsstättenregel – ASR, welche den Schutz von Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten an Arbeitsstellen regeln, erfolgen die Arbeiten unter Vollsperrung“, so der LBM.

Der zweite Abschnitt wird von April bis August 2025 saniert, also dann, wenn die Hochbrückensanierung in Lahnstein (hoffentlich) erfolgt ist.

B260 Holzhausen-Pohl | halbseitige Einbahnregelung und regionale Umleitung | 3 Monate

Die Arbeiten erfolgen ab September unter halbseitiger Sperrung, das heißt aus Richtung Holzhausen soll der Verkehr auf einer Fahrspur bis hinter Pohl durch die Baustelle geführt werden. Von Nassau kommend, muss der Umweg über Hunzel, Miehlen, Nastätten und die Umgehungsstraße bis zum Kreisel beim Eaton-Werk genommen werden, so der LBM auf 56aktuell-Nachfrage.

Für die Asphalt- und Fräsarbeiten wird allerdings voll gesperrt. „Die Entscheidung, diese Arbeiten unter Vollsperrung auszuführen, ist dadurch begründet, dass die neu zu bauende Deckschicht ohne Mittelnaht, auf voller Breite, eingebaut werden soll. Weiterhin wurde diese Strecke als Umleitungsstrecke für das Lahnbrücken-Projekt vorgesehen, welches Anfang Januar 2024 begonnen werden soll“, so die Auskunft aus dem LBM.

„Durch die Vollsperrung für die Fräs- und Asphaltarbeiten kann die geplante Bauzeit auf drei Monate reduziert werden. Somit kann die Fertigstellung der Bauarbeiten bis Ende dieses Jahres realisiert werden“, ist sich der LBM (diesmal) sicher.

B417 zwischen Nassau und Obernhof | Vollsperrung | 3 Monate

Auch dort wird voraussichtlich Anfang September Baubeginn sein, jedoch erst nach Ende der Bahn-Baustelle in Obernhof, teilt der LBM auf Nachfrage mit. Geplantz sind hier drei Monate Bauzeit bei einer – durch die Bahnbaustelle für Teile von Obernhof leider schon gewohnten Umleitung über Obernhof-Seelbach-Attenhausen-Singhofen-Nassau.

In den zahlreichen Unternehmen, die im ländlichen Raum logistisch existenziell auf die Straße angewiesen sind, stößt das auf Unverständnis. Aber auch Privatleute die Baumaßnahmen planen und nicht zuletzt Feuerwehren und den Rettungsdienst überraschten die Vorhaben komplett – sogar Eingaben der Retter wurden laut 56aktuell vorliegenden Berichten komplett abgeschmettert. So zum Beispiel der vermehrte Hinweis, dass bei Vollsperrungen im Einsatzfall wertvolle Zeit verloren gehe. „Auf den Hinweis reagiert der LBM überhaupt nicht. Das wird lapidar mit einem `wenn da was passiert, kann man so eine Baustelle auch kurzfristig freiräumen abgetan` so ein ranghoher Feuerwehrmann gegenüber 56aktuell.

Ein Kommentar von Willi Willig:

Schön, dass Geld bereitsteht, toll das etwas gemacht wird, aber….

  • sind die B260 zwischen der Ruppertsklamm und der Insel Oberau, sowie im Bereich zwischen Holzhausen und Pohl und die B417 rund um die Elisenhütte wirklich dringende Sanierungsfälle? Gibt es da nicht einige Straßen in der Region in wesentlich schlechterem Zustand?
  • Müssen die Hauptverkehrsadern gleich an drei Stellen parallel gekappt werden?
  • Muss es sein, dass einzelne Kommunen gleich mehrfach über Monate abgehängt werden, wie zum Beispiel Obernhof erst durch die Bahnbaustelle und dann durch die neue Maßnahme?

Und vor allem: Warum spricht eigentlich niemand mit den Unternehmern in der Region über solche Planungen? Wie soll das wirtschaftliche Rückgrat in der sowieso schon schwierigen ländlichen Struktur, überhaupt noch logistisch funktionieren? Wie sollen Betriebsabläufe geplant, Rohstoffe in die Firmen, Produkte zum Kunden und Angestellte zu ihren Arbeitsplätzen kommen?

Sicher macht der Landesbetrieb Mobilität wertvolle und wichtige Arbeit – die Kommunikation ist aber einmal mehr unterirdisch und leider symptomatisch für den Landesbetrieb.

 

Was sagt die heimische Wirtschaft dazu? Ein Interview mit Christian Heuchemer

56aktuell wollte wissen, was die kurzfristig geplanten Maßnahmen für ein Industrieunternehmen im Rhein-Lahn-Kreis bedeuten, was Unternehmer von der Informationspolitik halten. Hier unser Interview mit Christian Heuchemer, Geschäftsführer der Heuchemer Verpackung GmbH & Co. KG mit Sitz in Bad Ems und Miehlen. Die Standorte in Miehlen und Bad Ems beliefern in unterschiedliche Lieferumkreise. Werk 1 „Holz“ ist eher regional tätig, Werk 2 „Wellpappe“ in ganz Europa, Werk 3 „Kunststoff“ ist dagegen international tätig. Deutschland und die Benelux-Länder sind jedoch die Haupt-Destinationen. Jede Lieferkette, egal ob regional, europäisch oder international beginnt allerdings mit der B 260. Heuchemer beschäftigt in Miehlen 325 Mitarbeiter, in Bad Ems 25. Rund 50 LKW werden pro Tag gebraucht, um Rohstoffe in die Werke und Produkte zu den Kunden zu bringen.

56aktuell: Christian, wie bewertest du aus Sicht des Unternehmens die Planung der drei Baumaßnahmen mit massiven Einschränkungen?

Heuchemer: Die Planung objektiv zu bewerten ist mir leider nicht möglich. Aus der Wirtschaft bin ich Zusammenarbeit und Projektion aber anders gewohnt. Wir entnehmen die Planung des LBM lediglich den Pressmitteilungen. Eine proaktive Kommunikation des LBM gegenüber dem Unternehmen findet nicht, oder nur partiell statt. Die VG Nastätten versucht uns so gut wie möglich zu informieren.

Ich bin mir sicher, dass der LBM intern für die Maßstäbe einer Verwaltung wirksam seine Aufgabe erfüllt. Jedoch scheint es, dass die Wirkung und die Konsequenzen für die Wirtschaft in diese Planung nicht mit einbezogen werden. Die Auswirkungen der Baumaßnahmen des LBM und die daraus erfolgenden infrastrukturellen Herausforderungen für die ortsansässigen Unternehmen werden nicht berücksichtigt. Es gab von unserer Seite oft das Angebot zu unterstützen, das wurde jedoch nie angenommen.

Wir sind dankbar für die Modernisierung des Straßennetzes und die Schaffung von Umgehungsstraßen für die Entlastung der Orte. Die Intransparenz in Planung, Ausführung und Sperrungen sind für uns jedoch eine erhebliche Belastung, vor allem am Standort Miehlen.

56aktuell: Wie bewertest du die Informationspolitik seitens des LBM?

Eine Informationspolitik existiert nicht. Ich glaube, dass sich der LBM einfach nicht in der Verantwortung sieht, mit kommunaler Politik oder auch mit Unternehmen in den Dialog zu treten. Wir haben bereits im Vorfeld zur Planung und Durchführung der Umgehungsstraße Miehlen eigeninitiativ den Kontakt zum LBM aufgebaut. Die Sichtweise des LBM auf seine Aufgabe bezüglich einer Informationspflicht darf man als dürftig bezeichnen. Die Kontaktaufnahme und Konfrontation des LBM mündete im persönlichen Gespräch darin, dass uns verständlich gemacht wurde, dass unsere Initiative als anmaßend und übergriffig empfunden wird. Selbst ein Landrat war über eine solche Reaktion mehr als verblüfft. Jahrelanger Einsatz über die IHK zur Kommunikationsverbesserung wurde ebenfalls nur als unnötig abgetan.

56aktuell: Wie bewertest du die Aussage der Pressestelle, dass es „ja noch weit hin“ sein bis Ende August/Anfang September?

Auch hieran kann man erkennen, dass offensichtlich keine Projektplanung existiert, die eine partnerschaftliche Kommunikation beinhaltet. Im Grunde ist diese Antwort der blanke Hohn und die Essenz der Situation. Der Zeitraum von Anfang August bis September ist für uns Hochsaison. Da zählt dann jede Information aus unserem Umfeld, um die Logistik optimal auszuführen. Selbst Urlaubsverkehr wird von uns berücksichtigt um „just in time“ zu liefern. Der Warenverkehr zu uns und zum Kunden ist durch die nicht einschätzbaren Verkehrssituationen stark unter Druck.

56 aktuell: Was für Konsequenzen hätte die Planung für euer Unternehmen/für das Industriegebiet Miehlen?

Die Konsequenzen sind, dass unsere Lieferkette in große Probleme gerät. Wir müssten mit einer Vielzahl von kostspieligen Maßnahmen reagieren.Das hat Auswirkungen auf Sonderschichten, zusätzliche Lagerkapazitäten, zusätzliche Anlieferungen, sowie drohender Regress für Vertragsstrafen aus nicht eingehaltenen Lieferverpflichtungen. Weitere Konsequenz ist die Strahlkraft auf Mitarbeiter, Zulieferer und Partner die jetzt schon den Wirtschaftsstandort Rhein-Lahn-Kreis/“Blaues Ländchen“ als nicht optimal ansehen. Aktuell ist von Besuchern die Nachfrage zur katastrophalen Anbindung des Unternehmens leider zum Standard-Opener eines jeden Meetings geworden. Der Unternehmerfamilie und den Mitarbeitern ist dies höchst unangenehm.

56aktuell: Wie würdest du dir von einer Behörde wie dem LBM die Vorgehensweise bei solchen Planungen wünschen? Was wären eure Anforderungen?

Ich glaube, dass mein Wunsch nach verbesserter Kommunikation deutlich herauszulesen ist. Wir wünschen uns eigentlich nur eine offene und rechtzeitige Kommunikation, sowie die Anerkennung unseres Standortes als Wirtschaftsraum, den man nicht nach Belieben von der Umwelt abschneiden kann und darf. Letztendlich fordern wir einen respektvollen Umgang miteinander, der uns, unseren Mitarbeitern, Zulieferern und Kunden eine gemeinsame Zukunft im Rhein Lahn Kreis ermöglicht.

56aktuell: Vielen Dank, Christian Heuchemer, für dieses offene Gespräch!