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Brandbrief an Gesundheitsminister: geplante Sperrungen führen “zum Infarkt der medizinischen Versorgung”

Ärzteschaft, Notärzte und Patientenvertretung schlagen Alarm: Situation nach Klinikschließung schon grenzwertig - jetzt droht Gefahr!

Bad Ems / Rhein-Lahn / Mainz | 5. September 2023 | (ww). Die – nach der ursprünglichen Berichterstattung von 56aktuell – viel diskutierten geplanten Sperrungen der B260 zwischen Lahnstein und Friedrichssegen sowie Pohl und Holzhausen und der B417 zwischen Nassau und Obernhof haben dem rheinland-pfälzischen Gesundheitsminister Clemens Hoch unangenehme Post aus den Reihen der Ärzteschaft (für die Regelversorgung), der Notärzte (für den Rettungsdienst) und der Patientenvertretung beschert. Die Fachleute – die aufgrund jahrelanger Erfahrung und Expertise definitiv wissen, wovon sie sprechen – haben harsche Kritik in einer anschaulichen Schilderung der Auswirkungen der Schließung der Paracelsusklinik auf die medizinische Versorgung in eine Bitte um ministerielle Unterstützung verpackt. Die geplanten Vollsperrungen dreier Hauptverkehrsadern im Rhein-Lahn-Kreis führen nach Ansicht der Experten sogar quasi zum Infarkt des Rettungswesens und der medizinischen Versorgung.

Der Brief im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Minister Hoch,

die Gesundheitsstandorte Bad Ems-Nassau und unteres Lahntal, vorderer Westerwald und vorderer Taunus sind in Gefahr.
Durch die Schließung der Paracelsusklinik Bad Ems zum 30.06.2023 hat sich die medizinische Versorgungslage deutlich verschlechtert. An dieser Stelle sei auch darauf hingewiesen, dass sich in Bad Ems, Nassau und der unmittelbaren Umgebung die Stiftung Scheuern mit ca. 650 teils schwerstbehinderten Bewohnern, vier Alten- und Pflegeheime, ein  Wohngebäude mit Tagespflege und vier Reha-Kliniken befinden. Da eine Akutversorgung vor Ort nicht mehr besteht, müssen nunmehr weite Fahrtwege in die Krankenhäuser der Nachbarstädte und -kreise in Kauf genommen werden.
Nun soll zudem ab September 2023 die Schließung bzw. Einbahnstraßenumleitung von drei Hauptverkehrsadern im Rhein-Lahn Kreis für Bauarbeiten erfolgen. Dies betrifft die B 260 zwischen Lahnstein und Friedrichssegen sowie zwischen Holzhausen und Pohl als auch der B417 zwischen Nassau und Obernhof.
Die Sperrungen des oben genannten Straßennetzes würden die medizinische Notversorgung in erheblichem Maße beeinträchtigen. Verschärft wird die Situation zusätzlich durch die bevorstehenden Sanierungen der Brücken in Lahnstein und Koblenz im nächsten Jahr. Dies könnte auch den Rettungsdienst vor unlösbare Herausforderungen stellen.
Damit sehen wir, die Unterzeichner, – entgegen Ihrer Meinung – die medizinische Versorgung massiv gefährdet.
Schon jetzt ist es schwierig, Patienten zur stationären Behandlung unterzubringen. Lange und zermürbende Diskussionen mit Krankenhäusern um die Aufnahme von Patienten gehören zum Alltag. Dies bedeutet auch für den Rettungsdienst erschwerte und zeitraubende Einsätze. Ein weiterer Rettungswagen musste bereits angeschafft werden, um die Zeiten der langen Anfahrtswege zu den noch vorhandenen Krankenhäusern im Raum Koblenz und dem Westerwaldkreis zu kompensieren.

Bitte unterstützen Sie uns – die Bevölkerung, Mediziner und Politiker vor Ort – bei der Entwicklung von Konzepten zum Erhalt einer Akutklinik in Bad Ems und deren zeitnaher Umsetzung.

 

Dr. Hildegard Simons, Vorsitzende des Emser Ärztekollegiums
Dr. Hans Jaeger, Leitender Notarzt
Regine Canz, Patientenfürsprecherin

Änderungen in der Sperrungs-Planung?

Unterdessen liegen 56aktuell im Bezug auf die geplante Sperrung zwischen Lahnstein und Friedrichssegen neue, bislang unbestätigte, Informationen vor. Demnach prüfe der LBM nun (knapp zwei Wochen vor dem geplanten Beginn!) ob durch Nacht und Samstagsarbeit Zeit gespart werden könne. In diesem Zusammenhang werde nach Informationen aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen auch, ob sich der für 2025 geplante zweite Bauabschnitt (Friedrichssegen- Oberau) durch die Zeitersparnis “in einem Rutsch” erledigen lassen könnte und somit eine erneute Sperrung 2025 überflüssig würde. Offene Fragen zur bislang nur zögerlich kommunizierten Ursprungsplanung gibtves aber offenbar auch beim Lahnsteiner THW. Die Ehrenamtler fragen sich, wie sie im Falle eines Einsatzes ihr Gelände in Friedrichssegen ereichen sollen – intern wird über Verzögerungen in der Anfahrt (Privat-PKW) von 20 Minuten bis zu einer halben Stunde gesprochen. Seit der Diskussionsrunde mit Gewerbetreibenden und Politik im Fachbacher Beachclub hat sich aber offenbar die dort geschilderte  Detailplanung des LBM reduziert: angekündigt wurden dort am 24. August durch die LBM-Verantwortlichen auch Verbesserungen am Lärmschutzwall, die übrigens seit Jahren diskutiert und immer wieder abgelehnt wurden UND eine Sanierung des Bürgersteigs an der B260. Beides wurde als Vorteil für Bürger und Gemeinde verkauft. Jetzt ist von den Arbeiten am Lärmschutzwall in den Planungsgesprächen keine Rede mehr. Dabei wären diese ein wirklicher Gewinn für die Anwohner, genauso wie eine Querungshilfe für Fußgänger auf Höhe des Wohngebietes Oberau. Bislang wurde dies aus dem LBM mit Hinweis auf zu niedrige Verkehrszahlen konsequent abgelehnt. Im Zuge der geplanten Umleitungen für die Sanierung der Hochbrücke in Lahnstein sind die Zahlen nun neu bewertet worden. Weil jetzt mit bis zu 24.000 Fahrzeugen täglich gerechnet wird, wird an der Friedrichssegener Brücke (dauerhaft) eine Ampel installiert, damit Fahrzeuge überhaupt noch auf die B260 einbiegen können. Auf der Oberau dagegen, wo die identische Anzahl an Fahrzeugen vorbeikommen muss, spielt das keine Rolle – Ausfahren bleibt Glückssache, die Überquerung der Bundesstraße dürfte aber vor allem für die zahlreichen älteren Mitbürger, die dort leben und die jungen Familien mit Kindern im Neubaugebiet zum echten Problem werden.