Home Rhein-Hunsrück-Kreis Tante Emma 2.0: MHD im Dorfautomaten durch Aufkleber um 4 Wochen verlängert

Tante Emma 2.0: MHD im Dorfautomaten durch Aufkleber um 4 Wochen verlängert

Region | 9. Mai 2022 | Vor rund einem Jahr wurde der erste „Dorfautomat“ in Diethardt in der Verbandsgemeinde Nastätten aufgestellt. Mittlerweile versorgt „Frühstücksbringer“ Steffen Neidhöffer aus Ebertshausen 48 eher ländlich strukturierte Gemeinden im Rhein-Lahn-Kreis, dem Rhein-Hunsrück-Kreis und Landkreisen im benachbarten Hessen mit einem Mix aus regionalen Produkten, Softgetränken und Süßigkeiten. Von Brot, über Fleisch- und Wurstwaren, Grillprodukte, Margarine, Milch, Nudeln, Dosenwurst, Kartoffeln bis hin zu Eiern gibt es im „24-Stunden-geöffneten-Tante Emma Laden 2.0“, wie Neidhöfer sein Projekt gerne beschreibt, auch Eier aus der Region. Von einem Hof in Schweighausen und einem weiteren in Boppard.

Am vergangenen Samstag soll nun eine Kundin aus dem Rhein-Hunsrück-Kreis Eier aus einem Dorfautomaten gekauft haben. Dabei sei ihr aufgefallen, dass das ursprüngliche Etikett überklebt wurde. Nach dem Entfernen des Aufklebers mit der Aufschrift „Unsere Freilandeier lagern unter den besten Bedingungen bei 3 Grad Celsius. Daher haben wir die Haltbarkeit der Realität angepasst„, sei ein um vier Wochen früheres MHD-Datum sichtbar geworden. Die Frau meldet dieses dem Erzeugerbetrieb, der wiederum das Veterinäramt der Kreisverwaltung Simmern (Rhein-Hunsrück-Kreis) einschaltet. Mittlerweile wurde auch aus dem zweiten Erzeugerbetrieb in Schweighausen das gleiche Vorgehen gemeldet, die Kreisverwaltung Rhein-Lahn bestätigt auf 56aktuell-Anfrage, „dass die Kreisverwaltung nach Kenntniserlangung umgehend alle erforderlichen behördlichen Maßnahmen eingeleitet hat.

Frühstücksbringer und Dorfautomaten-Beschicker Neidhöfer räumt 56aktuell gegenüber das Vorgehen ein:

Wir sind davon ausgegangen, dass das MHD von Eiern genau wie jedes andere MHD behandelt wird. Mindesthaltbarkeit bedeutet ja, dass die Lebensmittel unter den schlechtesten Lagerbedingungen bis mindestens zu diesem Datum haltbar sind.(…) Wir testen unsere Produkte alle auf die echte Haltbarkeit und sind uns ganz sicher, dass alle Waren im Dorfautomaten auch nochmal mindestens eine Woche länger haltbar sind als wir das draufschreiben. Schließlich lagern wir in den Automaten die Ware über Wochen mit 2 Grad Celsius! Wie wir aber letzte Woche gelernt haben, gilt für die Eier aber ein Verbrauchsdatum, obwohl ein MHD-Datum draufgedruckt werden darf. Das ist auch für uns verwirrend. (…) Unser Ziel war es nicht, hier eine bewusste Täuschung herzustellen, deshalb haben wir das auch klar klar kenntlich gemacht, dass wir das entschieden haben (mit den o.a Aufklebern, die Red.). (…) Dass es diese Ausnahme bei Eiern gibt wussten wir nicht (…) In Zukunft werden wir unsere Qualität nochmal steigern, in dem wir ausschließlich BIO-Freilandeier anbieten werden. Mit den Original-Etiketten. Versprochen.Stelliungnahme Steffen Neidhöfer, Frühstücksbringer /Dorfautomaten

Gegenüber 56aktuell ergänzt Neidhöfer noch am Telefon, dass auch nach dem von ihm überklebten Original-MHD noch kein Ei in einem Dorfautomaten abgelaufen sei. Mittlerweile seien aber aus fast allen Dorfautomaten die entsprechenden Packungen entnommen, morgen, am 10. Mai, seien definitiv alle raus.

Bemüht man zur Frage der Haltbarkeit von Eiern das Internet, wird schnell klar: alle Einträge verweisen darauf, dass sich das MHD bei Eiern ganz einfach errechnen lasse – Legetag plus 28 Tage. Von einem „Verbrauchsdatum“ bei Eiern ist in der Tat dort in keinem Eintrag zu lesen. Eine der fraglichen Packungen aus einem Dorfautomaten trägt das Original-MHD 15.5. – umetikettiert war diese Packung bis zum 14.6. „haltbar“. Davon ausgehend, dass der Erzeugerbetrieb sich an alle Vorschriften gehalten hat – und es gibt keinen Grund anderes zu unterstellen – wäre das Legedatum der 17. April. Das wird wichtig bei der weiteren rechtlichen Betrachtung. Die „Tierische Lebensmittel-Hygienverordnung, kurz Tier-LMHV, regelt in § 22, Absatz 3 eindeutig: „Es ist verboten, Eier nach Ablauf des 21.(!) Tages nach dem Legen an Verbraucher abzugeben.“ Damit dürften sie bis zum 10. Mai, also bis morgen, verkauft werden. Erst darüber hinaus würde die Abgabe zur Straftat werden. Und dann hätte auch für Neidhöfer der Grundsatz gegolten: Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. Dass eigentlich alle Lebensmittel länger als bis zum MHD (im Falle der Eier, dem seltsamerweise als MHD ausgewiesenen Verbrauchsdatum – minus sieben Tage) haltbar sind, tut dabei rechtlich nichts zur Sache. Abgesehen davon, dass gerade im Falle von Eiern und einer Angst vor Salmonellen, bestimmt nicht wenige Menschen strengere Maßstäbe an die Haltbarkeit legen, fällt dem Autor dieser Zeilen aber eigentlich kein Grund ein „Werksangaben“ zu verändern. Das hat aber auch Neidhöfer mittlerweile eingesehen.

56aktuell-Tip aus der Praxis: So testen sie ob die Eier im Kühlschrank auch wirklich noch frisch sind:

Schwimmprobe:
Gibt man einem halben Liter Wasser 50 g Kochsalz zu und legt das Ei hinein, so sollte sich ein frisches Ei auf den Grund legen, etwas ältere Eier stehen senkrecht im Wasser und ist das Ei bereits älter als 2 Wochen, so schwimmt es aufgrund der großen Luftkammer an die Oberfläche.

Schüttelprobe:
Wird das frische Ei in der Nähe des Ohres geschüttelt, so sollte nichts zu hören sein. Hört man ein Schwappen oder einen schwachen dumpfen Laut, ist das Ei bereits älter.

Lichtprobe:
Wir ein frisches Ei gegen eine Glühbirne gehalten, so kann man gerade die helle Luftkammer an der stumpfen Seite des Eies erkennen, das Dotter ist evtl. schon ohne festen Umriss erkennbar. Ein Ei, das älter als zwei Wochen ist, hat eine größere Luftkammer und ein deutlich erkennbares Dotter.

Aufschlagprobe:
Bei einem frischen Ei liegt das stark gewölbte Eidotter in der Mitte des Eiklars. Das dickflüssige Eiklar bildet einen Ring um das Eigelb. Ältere Eier haben ein flaches, breites Dotter, seine Membrane platzt leicht und das Eiweiß breitet sich dünnflüssig aus.