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Mittelrheinbrücke: Wo bleibt das klare Bekenntnis mit konkretem Zeitplan?

Deutlich Appelle aus den Reihen der IHK: "Endlose Planungen statt Fortschritt" - "Nehmen Sie uns endlich ernst!"

St. Goar | 2. November 2025 | (ww). Seit Jahrzehnten wird über die Mittelrheinbrücke diskutiert – realisiert ist sie bis heute nicht. Zwar wurde mit dem positiven Raumordnungsbescheid im Jahr 2023 ein durchaus wichtiger Schritt erreicht und erst am vergangenen Montag stellte das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau „vorbehaltlich der Haushaltsverhandlungen“ in Aussicht, den Bau der Mittelrheinbrücke mit 90 Prozent zu fördern – doch konkrete Fortschritte gibt es nicht. Statt verbindlicher Zeitpläne gibt es weiterhin nur Variantenprüfungen, Gutachten und neue Abstimmungen.

Dabei ist die Notwendigkeit unstrittig: Zwischen Mainz und Koblenz gibt es auf mehr als 80 Rheinkilometern keine feste Rheinquerung. „Die sogenannte ‚Brückenlücke‘ erschwert sowohl Warentransporte oder Servicetouren der Unternehmen, als auch den Individualverkehr und wirkt sich damit negativ auf die gesamte wirtschaftliche Entwicklung der Region, einschließlich des Tourismus, aus“, so Arne Rössel, Hauptgeschäftsführer der IHK Koblenz. Die Mittelrheinbrücke würde nicht nur die beiden Rheinseiten sinnvoll verbinden, sondern auch eine überregionale Anbindung an die Autobahnen A61 und A3 ermöglichen. So könnten Unternehmen besser vernetzt, Pendler einfacher angebunden und dem Tourismus durch eine leichtere Erreichbarkeit neue Impulse gegeben werden.

Dabei gebe es durchaus Unterschiede zwischen den beiden betroffenen Landkreisen: Während der Rhein-Hunsrück-Kreis mit der A61 noch verhältnismäßig komfortabel angebunden sei, liege der Rhein-Lahn-Kreis deutlich zurück, es sei aufwändiger etwa mit LKW die A3 zu erreichen oder über die Bäderstraße in den Großraum Frankfurt zu gelangen. Eindrucksvoll aus leidvoller Erfahrung im eigenen Unternehmen konnten dies Alexander Bayer vom Modehaus Bayer in Nastätten und Laura Heuchemer, von Heuchemer Verpackung in Bad Ems und Miehlen. „Wo braucht man in Deutschland noch über 50 Minuten für rund Kilometer?“, schilderte Alexander Bayer seine aktuelle Anreise aus Nastätten ins nur 15 Kilometer entfernte St. Goar zur Pressekonferenz der IHK. „Etwas Pech“ sei auch dabei gewesen, da die Fähre gerade abgelegt hatte, als er den Anleger erreichte. Ebenfalls schildert er, dass Veranstaltungen und Tagestourismus traditionsgemäß Abstriche durch die Barriere Rhein zu verzeichnen hätten: „Wir hatten gerade Oktobermarkt in Nastätten. Das Einzugsgebiet auf ,unserer`Rheinseite erstreckt sich über gut 50 Kilometer Luftlinie, während zum Beispiel aus dem nur 15 Kilometer entfernten St.Goar und dem Hunsrück nur ganz wenige Gäste nach Nastätten kommen“, so Bayer.

 

Die genannten Beispiele beschreiben die Barriere gut, die der Rhein zwischen den Schwesterstädten St.Goar und St.Goarshausen bildet. Diese Barriere ist seit Jahrhunderten auch in den Menschen links und rechts des Rheins verankert und nur durch die lange geplante, dann wieder auf dem Altar von Koalitionsverhandlungen geopferte und jetzt nur maximal halbherzig weiterverfolgte Rheinquerung zu überwinden. „Der Standort zwischen St. Goar-Fellen und St. Goarshausen-Wellmich ist seit Jahren festgelegt – dennoch verzögert sich das Projekt durch immer neue Detailfragen, insbesondere im Hinblick auf den UNESCO-Weltkulturerbestatus des Mittelrheintals“, erläutert Rössel weiter. Diese Aspekte sind wichtig, dürfen aber nicht zu einer Endlosschleife werden, die jegliche Planungssicherheit verhindert.

Wir möchten nicht mehr betteln – nehmen Sie uns endlich ernst!

 

Unternehmerin Laura Heuchemer appelliert an die Politik

Eindringlich und plakativ bringt Laura Heuchemer die Situation auf den Punkt: „Ich möchte hier nicht alle fünf Jahre erneut unternehmerische Probleme schildern und dann verfolgen, wie nichts passiert. Wir möchten auch nicht mehr bitten und betteln müssen – bitte nehmen Sie uns endlich ernst!“, appelliert sie deutlich an die Politik. Den für viele Unternehmen der Region stellenweise existenziell wichtigen Kampf für die Mittelrheinbrücke, führt die engagierte Unternehmerin bereits in zweiter Generation. Im „historischen Rückblick“ zur Geschichte der „Brückenplanung“ auch ihr 2012 viel zu früh verstorbener Vater Christoph (ebenfalls Vorsitzender im Regionalbeirat der IHK) auf Bildern von Ortsterminen mit Politikern abgebildet ist, als diese sich am Beginn des Jahrtausends als, „auf dem Weg zur Brücke“ präsentierten.

Die IHK Koblenz fordert jetzt erneut einen verbindlichen Zeit- und Finanzierungsplan sowie klare Zuständigkeiten. Vorrangig gilt es, die angekündigte Variantenuntersuchung zügig abzuschließen, damit das Planfeststellungsverfahren eingeleitet und Baurecht geschaffen werden kann. „Nur so kann die Mittelrheinbrücke nach Jahrzehnten der Diskussion endlich Realität werden“, so IHK Hauptgeschäftsführer Rössel. Die Zeit sei jetzt, gerade im Hinblick auf das 500 Milliarden schwere „Sondervermögen für Infrastruktur und Verteidigung“ im Hinblick auf die Finanzierung „so gut wie nie“.

Kommentar von Willi Willig, 56aktuell:

Ja ist denn schon wieder Landtagswahl? (frei nach Franz Beckenbauer/E-Plus)

 

Mir erscheint die zufälligerweise einen Tag VOR der IHK-Pressekonferenz veröffentlichte Pressemitteilung von Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt maximal als Zeichen, eventuell sogar als netter Auftakt im Wahlkampf zu den Landtagswahlen. Zu oft – meist im Vorfeld von Landtagswahlen“ – wurden den Menschen in der Region motivierte Zeitpläne und Absichten präsentiert, zu deutlich erinnert man sich aber auch links und rechts des Rheins daran, wie der rot-grüne Koalitionsvertrag zum jahrelangen Aus für das Projekt führte. Bereits in der Überschrift der aktuellen Pressemitteilung heißt es schon: „90-prozentige Förderung für Mittelrheinbrücke möglich„, am Ende der Mitteilung wird konkretisiert: „vorbehaltlich der zukünftigen Haushaltsverhandlungen“. Doch wie sehen Mehrheiten im Landtag zu diesen Verhandlungen nach der Wahl am 2. März 2026 aus? Wer wird dann das Wirtschaftsministerium führen?

 

„Wir waren bei dem Projekt Mittelrheinbrücke noch nie so weit wie jetzt“, betont die Wirtschaftsministerin in der selben Pressemitteilung. Klar, wenn wenig bis gar nichts passiert, kann man ein vor zweieinhalb Jahren abgeschlossenes Raumordnungsverfahren als Fortschritt verkaufen. Doch warum wird in der Pressemitteilung kein potenzieller Beginn- oder Fertigstellungstermin genannt? Warum noch nicht einmal erwähnt, ob der verwaltungstechnisch nächste notwendige Schritt des Planfeststellungsverfahrens begonnen oder in der Umsetzung ist?

 

Und quasi als Masterfrage bleibt: Was passiert, wenn nach der Wahl Mehrheitsverhältnisse erneut „Kompromisse im Koalitionsvertrag erfordern“ würden?

Fotos: IHK und VG Loreley, übermittelt durch MdI RLP