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Singhofen: Panzergranaten im Glasfasergraben – sofortige Sprengung mit Hindernissen

Explosive Hinterlassenschaften überraschen vor allem ältere "Singhöfer" nicht - Munitions-LKW explodierte im Ort

Singhofen | 10. April 2024 | (ww). Heute Mittag wurden bei Arbeiten zur Verlegung des Glasfasernetzes in der Arnsteiner Straße in Singhofen drei scharfe 8,8 Zentimeter Panzer-Granaten aus dem zweiten Weltkrieg entdeckt. Experten des Kampfmittelräumdienstes Rheinland-Pfalz entschieden nach kurzer Begutachtung, dass die Granaten vor Ort gesprengt werden müssten, da eine zu große Gefahr von ihnen ausgehe. „Diese Granaten haben einen vorgespannten Zünder, die sind nicht nur gefährlich, sondern extrem gefährlich“, erklärt Jürgen Wagner vom Kampfmittelräumdienst, für den solche Funde seit drei Jahrzehnten zum Arbeitsalltag zählen, im 56aktuell-Interview.  „Die kann man nur sprengen, alles andere ist viel zu gefährlich. Wenn wir sowas auf freiem Feld finden, sprengen wir das auch direkt an Ort und Stelle, das geht hier aber leider nicht – in der Nähe des Grabens liegen eine Gasleitung sowie das 20-KV-Stromkabel“, erklärt Wagner „den Haken an der Sache“.

Der Plan: die Granaten werden von Hand geborgen, sanft in den grauen VW-Bus der Kampfmittelräumer gebettet und dann im Schritt-Tempo in eine vorher erkundete Mulde am Rand von Singhofen gebracht. Dort hat ein Bagger ein Loch vorbereitet, dann macht die nötige Menge Sprengstoff der Granaten-Gefahr ein lautes Ende. Moment! Wie war das noch?Die Granaten müssen wegen des vorgespannten Zünders ( und des schlechten Zustandes nach 70 Jahren im Boden) VOR ORT gesprengt werden, weil sie extrem gefährlich sind – was ist da mit dem Eigenrisiko für die Kampfmittelräumer? „Wir können sie ja schlecht liegen lassen“, frotzelt Wagner. „Wir wissen aber mit dem Risiko umzugehen. Es lässt sich aber nie ausschließen, dass etwas schief geht, deswegen wird vorher evakuiert“, lenkt Wagner das Gespräch wieder geschickt auf das Risiko für Anwohner und Passanten und weg vom verbleibenden „Berufsrisiko“.

 

Die Evakuierung der umliegenden Gebäude an der Fundstelle, genauso wie die Räumung des Transportwegs durch die Singhofener Seitenstraßen,  sowie die großräumige Absperrung der Sprengstelle in mitten der gelb leuchtenden Rapsfelder  übernimmt nach Alarmierung durch die Sirene die Freiwillige Feuerwehr, am Gerätehaus vorbei führt schließlich auch die explosive Prozession. Unterstützt werden Räumung und Abperrung durch das Ordnungsamt der Verbandsgemeinde. Gegen 16.15 Uhr macht schließlich eine kleine Rauchwolke, verbunden mit dem für die weit entfernten Beobachter eher erstaunlich leisen Knall, der Gefahr ein Ende.

Dass es mitten in Singhofen gefährliche Hinterlassenschaften des Krieges geben muss, war übrigens bekannt. Anwohner berichten, dass 1945 ein mit Panzergranaten beladener Munitions-LKW bei einem Fliegerangriff in die Luft flog. Eben an der Kreuzung der Arnsteiner Straße und der Hauptstraße. Zwei Häuser seien dabei beschädigt worden, offenbar aber eben nicht alle Granaten zerstört. Mit den Überresten passierte später das, was zu dieser Zeit überall im Land passierte: ein paar Schaufeln Erde beseitigen das Problem getreu dem Motto: aus den Augen, aus dem Sinn. Die ganze Geschichte sei sogar Teil einer Chronik-Veröffentlichung zur Geschichte der Taunusgemeinde gewesen, berichten die Anwohner. Warum vor der lange geplanten Glasfaserbaumaßnahme, wie in solchen Fällen eigentlich üblich, KEINE Kampfmittelsondierung erfolgte weiß auch Uwe Bruchhäuser, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Bad Ems-Nassau, vor Ort spontan nicht zu beantworten. Das müsse jetzt wohl durch eine darauf spezialisierte Firma nachgeholt werden. In anderen Bereichen der Verbandsgemeinde wurde das vor Baubeginn getan, so zum Beispiel zwischen Frücht und Nievern oder beim Fachbacher Ortsteil Oberau. Dort kam auch überall eine extrene Firma, zum Beispiel mit einem „gegen Sprengmittel geschützten“ Spezialbagger, nach Erkundung mit Metallsuchgeräten zum Einsatz. Zu den Aufgaben des Kampfmittelräumdienstes zählt dies nämlich nicht, dafür gäbe es auch schlicht zu wenig von Jürgen Wagners Kollegen – die schon mit den fast täglichen Funden mehr als genug zu tun haben. Letztlich Immer verbunden mit einem hohen persönlichen (Rest-)Risiko.