Lahnstein | 19. Februar 2024 | (ww). Die Würfel sind gefallen. Riesengroße Würfel, deren Nachhall noch lange durch Lahnstein und den Rhein-Lahn-Kreis hallen wird. In einer Mitarbeiterversammlung sind die rund 330 Beschäftigten des insolventen Lahnsteiner St.-Elisabeth-Krankenhaus heute genauso wie Lokalpolitik und Bürger, bzw. Patienten der Region vor vollendete Tatsachen gestellt worden. 190 von ihnen verlieren ihre Jobs, alle Abteilungen – bis auf die Psychiatrie – werden geschlossen. Bereits für morgen (!) werden geplante Operationen abgesagt.
Ein Schlag ins Gesicht für die Beschäftigten, die die Beteuerungen von Geschäftsführer Claudius-David Walker und dem Generalbevollmächtigten Moritz Handrup zur angeblich „medizinisch und wirtschaftlich tragfähigen Zukunft“ von St. Elisabeth für bare Münze genommen hatten. Zu einem Krankenhaus der altersmedizinischen Basisversorgung mit psychiatrischem Schwerpunkt sollte das St. Elisabeth werden, hatten beide vollmundig die Zukunft skizziert. Fehlanzeige! Ab morgen hagelt es Kündigungen, Freistellung folgen binnen weniger Tage. Geschlossen werden „die Innere“, die Chirurgie, das Zentrum für Enddarmerkrankungen, die Orthopädie, die Klinik für Hals-, Nasen und Ohrenheilkunde, die Anästhesie sowie die Intensivstation und die komplette Verwaltung.
Neuer Träger des St. Elisabeth ist die Barmherzige Brüder Trier gGmbH (BBT), die auch Träger des Koblenzer Brüderkrankenhauses ist. In der gesamten Diskussion um die Rettung des insolventen Krankenhausbetriebes in Lahnstein, bislang in Trägerschaft des Elisabeth Vinzenz Verbundes, war auch die BBT als Bieter schon mal aufgetaucht. Schon seltsam, dass Konzept und Gebot zuerst nicht überzeugten, nun aber die Zukunft darstellen. Nicht wenige der Beschäftigten, aber auch einige Lahnsteiner Kommunalpolitiker fragen sich nun, ob da jetzt der Zuschlag zum ursprünglichen Plan zum Schnäppchenpreis mit deutlich verschlanktem Betrieb und damit weniger Widerspruch quasi durch die Hintertür erfolgte.
Erstaunlich ruhig bleibt es in Sachen Lahnsteiner Krankenhaus aus dem Mainzer Gesundheitsministerium. Schon seltsam, wenn man nur wenige Monate zurückblickt, als die Schließungspläne der Bad Emser Paracelsusklinik die Region schockierten. Da war unter anderem das St.Elisabeth mit Chirurgie, Anästhesie und Intensivstation noch als schnell erreichbare Ausweichlösung verkauft worden. Das ist nun ebenfalls Geschichte – für den westlichen Rhein-Lahn-Kreis eine Katstrophe.
„Unfassbar schockiert“, zeigt sich Lahnsteins Oberbürgermeister Lennart Siefert. „Gemeinsam mit dem Landrat wurde ich in einem einzigen Gespräch im November über die wirtschaftliche schwierige und herausfordernde Lage des Krankenhauses informiert. Aber Geschäftsführer Walker hat damals ein neues Konzept mit dem Schwerpunkt Geriatrie gezeichnet und es gab klare Signale im Gespräch, dass das Land unterstützend tätig wird. Heute war ich dann völlig überrascht von den rund 200 Kündigungen mit Freistellungen innerhalb von Wochenfrist. Auch die umgehende Schließung bislang wirtschaftlich erfolgreicher Abteilungen wie Orthopädie, HNO und Kurzzeitpflege kam für mich völlig überraschend. Allerdings gab es bislang leider auch noch keinerlei offizielle Information der Geschäftsführung, die Hiobsbotschaften erreichen mich momentan nur über Dritte. Nach meiner Kenntnis werden aber sogar bereits stationär aufgenommene Patienten aufgefordert das Krankenhaus zu verlassen, sich abholen oder verlegen zu lassen. Operationen sind bereits für morgen abgesagt“, berichtet Siefert.
„Unfassbar schockiert hat mich die Kurzfristigkeit, mit der Menschen, die sich teilweise seit Jahrzehnten beruflich dem Dienst am Nächsten verschrieben haben, das berufliche Fundament unter den Füßen weggezogen wird. In dieser Zeit, in der immer mehr Krankenhäuser in die Zahlungsunfähigkeit geraten, lässt mich das gesamte Vorgehen sprachlos zurück“, zieht Siefert eine traurige Bilanz.
Foto: Internetseite krankenhaus-lahnstein.de