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    Koblenz | 5. März 2024 | (ww). Bestehen Schmerzensgeld- und Hinterbliebenengeldansprüche der Angehörigen der Verstorbenen im „Fall Luise“? Diese Frage wird die 1. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz nun zu beantworten haben.

    Am 11. März vergangenen Jahres wurde die 12-jährige Luise aus Freudenberg erstochen. Die Tat wird zwei minderjährigen Mädchen (12 und 13 Jahre) zur Last gelegt. Luises Eltern und eine weitere Angehörige der Verstorbenen klagen jetzt gegen die zwei minderjährigen Mädchen unter anderem auf Schmerzensgeld- und Hinterbliebenengeldansprüche sowie Feststellungsansprüche auf Ersatz etwaiger zukünftiger materieller und immaterieller Schäden. Die Höhe des Schmerzens- und des Hinterbliebenengelds wird in das Ermessen des Gerichts gestellt. Die Kläger halten ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 50.000 Euro für die beiden Eltern sowie ein Hinterbliebenengeld in Höhe von mindestens 30.000 Euro je Kläger für angemessen.

    Das Landgericht Koblenz hat sich jetzt zum Stand des Verfahrens geäußert:

    Die Kammer hat das so genannte schriftliche Vorverfahren eingeleitet und den Beklagten die Klage zugestellt.
    Eine Beklagte hat erklärt, keine Verteidigungsanzeige abgeben zu wollen. Die andere Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Hierbei hat sie unstreitig gestellt, zusammen mit der weiteren Beklagten an der Tötung von Luise im Sinne einer Mittäterschaft beteiligt gewesen zu sein. Bestritten wird aber unter anderem die von den Klägern vorgetragene Dauer des Leidens von Luise. Zudem werden vom Vortrag der Kläger abweichende Rechtsauffassungen bezüglich der Höhe eines angemessenen Schmerzens- und Hinterbliebengeldes geäußert. Ein Termin für eine mündliche Verhandlung wurde bisher noch nicht bestimmt.

    Rechtliche Erwägungen:

    Falls die Beklagten zur Zahlung der genannten oder einer anderen Summe verurteilt würden, welche Rolle spielt es, dass die Beklagten minderjährig sind? Inwieweit müssten die jeweiligen Eltern die Summe übernehmen?

    Minderjährige können in einem Zivilprozess verklagt und verurteilt werden. Eltern sind rechtlich grund- sätzlich nicht verpflichtet, die Schulden ihrer Kinder zu übernehmen.

    Welche Rolle spielt es für das Zivilverfahren, dass die beiden Beklagten zum Tatzeitpunkt strafunmündig waren?

    Eine Strafunmündigkeit hat keine Bedeutung für den Zivilprozess. Wenn es im Zivilprozess um Haftung aus Straftaten geht, ist die Deliktsfähigkeit des Schuldners entscheidend. Minderjährige sind bis zur Vollendung des 7. Lebensjahres deliktsunfähig und daher für einen fahrlässig oder vorsätzlich angerichteten Schaden nicht zum Schadensersatz verpflichtet (§ 828 Abs. 1 BGB). Wer das 7., aber noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet hat, ist für den Schaden nicht verantwortlich, wenn er beim Begehen der schädigenden Handlung nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hatte (§ 828 Abs. 3 BGB). Ob die nötige Verantwortungsreife in diesem Sinne vorliegt, bleibt der Entscheidung durch das zuständige Gericht vorbehalten.

    Warum ist die Justiz in Rheinland-Pfalz (also hier das LG Koblenz) für die Zivilklage zuständig und nicht die Justiz in NRW? Inwieweit kann sich der Gerichtsstand noch ändern?

    Gem. der Klageschrift soll die Tat u.a. in der Gemarkung 51598 Friesenhagen und damit im Bezirk des Landgerichts Koblenz stattgefunden haben. Sollte dies der Fall sein, besteht eine Zuständigkeit des LG Koblenz nach § 32 ZPO, die grundsätzlich nicht mehr entfällt.

    Quelle: PM Landgericht Koblenz

    Fotos: wirsiegen.de/Andreas Trojak

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